Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

398 Bie olle#anzische Pferie. (April 23—24.) 
Gebietes des Fürstenthums im Hinblick auf die Eventualität, von 
welcher dasselbe bedroht werden könnte, sicherzustellen“. 
23. April. Die Pforte wendet sich neuerdings um Vermitt- 
lung an die Mächte. England ist dagu entschieden geneigt. Ruß- 
land macht jedoch allen derartigen Versuchen ein rasches Ende, indem 
es seinen Vertreter in Konstantinopel abruft. Der Krieg ist damit 
thatsächlich erklärt. 
24. April. Rußland erklärt der Pforte in aller Form den 
Krieg. Kriegsmanifest des Kaisers. Cirenlardepesche Gortschakoff's 
an die Mächte. Proclamation des Großfürsten Nikolaus als Höchst- 
commandirenden der russischen Armee an die Rumänen und an die 
Bulgaren. Die Russen überschreiten ohne Vergug die rumänische 
Grenze auf verschiedenen Punkten und ebenso in Asien in der Rich- 
tung auf Kars und Erzerum. 
Kriegsmanifest des Kaisers Alexander: „Unsere treuen Unter- 
thauen kennen das lebhafte Interesse, welches wir beständig den Geschicken 
der von der Türkei unterdrückten christlichen Bevölkerung gewidmet haben. 
Unser Wunsch, das Loos derselben zu zirten# und zu sichern, wird von der 
Voren russischen Nation getheilt, welche sich nunmehr bereit zeigt, neue 
Opfer zu bringen, um die Lage der Chriften in der Balkau-Halbinfel zu er- 
leichtern. . Turch ihre Ablehnung hat uns die Pforte in die Nothwen- 
digkeit verfeßt, zur Waffengewalt unsere Zuflucht zu nehmen. Auf das 
Tiefste teleng von der Gerechtigkeit unserer Sache und indem wir in De- 
muth uns der göttlichen Gnade und Hülfe anvertrauen, lassen wir unsere 
treuen Unterthanen hiedurch wissen, daß der Augenblick, welchen wir vor- 
aussahen, als wir jene Worte sprachen, auf welche ganz Rußland mit so 
großer Einmüthigkeit antwortete — daß dieser Angenblick nunmehr gekommen 
ist. Wir hatten die Absicht ausgesprochen, selbständig zu handeln, sobald 
wir es jür nothwendig halten sollten und die Ehre Rußlands es erfordern 
sollte. Indem wir heute den Segen Gottes auf unfere tapferen Armeen 
brrabflehen, ertheilen wir ihnen den Befehl, die Grenze der Türkei zu über- 
schreiten.“ 
"l71 Circulardepesche Gortschakoff's: „Das kaiserliche Cabinet 
hat seit demn Behinn der orientalischen mas# ie Mittel in seiner Gewalt 
erschöpft, um uner Mitwirkung der Großmächte eine dauerhafte Pacification 
der Türkei herbeizuführen. Alle in Folge des zwischen den Cabinetten der 
Mächte hergestellten Einverständnisses der Pforte nach und nach gemachten 
Vorschläge sind jedoch auf unüberwindlichen Widerstand der Pforte ge- 
stoßen... Diese Ablehnung der Pforte und die Motive, welche ihr zu 
Grunde liegen, lassen keine Hoffnung, daß die Pforte den Wünschen und 
Rathschlägen Europa“s vent egenkommen werde und schließen auch jede Ga- 
rantie dafür aus, daß die p4o die Verbesserung des Lvooses der christlichen Be- 
völlerung in's Auge gefaßten Reformen zur Aueführung gelangen. — Unter 
diesen Umständen ist jedes Gelingen eines Ausgleichungsversuche ausgeschlof- 
1 und es bleibt nur die Alternative, entweder den Zustand der Dinge 
ortdauern zu lassen, welchen die Mächte als mit ihren Interessen und denen 
uopa'e für lasen weig erklärt haben, oder zu versuchen, durch Zwangs- 
mittel das zu erreichen, was von der Pforte auf dem Wege der Verständig- 
ung zu erlangen, den einmüthigen Anstrengungen der Mächte nicht gelungen
	        
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