508 Nebericht der polilischen Entwikelzug des Jahres 1877.
können. Aber diese erwiesen ihnen diesen Gefallen nicht und bewiesen
zum ersten Mal, daß sie nachgerade etwas gelernt hätten.
Kaum war die Kammer auseinander gegangen, so begannen
auf beiden Seiten die Wahlagitationen, von beiden natürlich in der
nachdrücklichsten Weise. Da man sich von der Regierung jeder Will-
kürlichkeit zu versehen hatte, so constituirte sich die Minderheit des
Senates, der die Regierung nichts anhaben konnte, geradezu als re-
publikanisches Wahlcomité und stellten die republikanischen Mit-
glieder beider Kammern ein Comité aus den angesehensten Juristen
der Partei, unter ihnen den gewesenen Justizminister und Minister-
Präsidenten Dufanre, als Central-Rechtscomité mit Verzweigungen
in der Provinz auf, um den Bürgern gegen Rechtsverletzungen und
Gewaltthätigkeiten der Regierung mit ihrem Rath an die Hand zu
gehen. Im Uebrigen war die republikanische und liberale Partei
sicher, in den Wahlen die Mehrheit davon zu tragen; es fragte sich
bloß, ob diese Mehrheit eine größere oder kleinere sein würde. Un-
endlich weniger ruhig war die Regierung: daran dachte sie selber
nicht, daß sie eine Mehrheit zu Stande bringen werde, sie mußte
sich von vorneherein mit einer Minderheit begnügen und konnte nur
alles aufbieten, um diese Minderheit durch ihren Druck per fas und
per nefas zu einer mõoglichst großen zu machen; schon jetzt aber
drohte sie in ihrem offiziellen Organe, daß, wenn die Mehrheit auch
dann nicht gefügig sein würde, der Marschall wieder und wieder zu
einer Auflösung schreiten werde, bis sie ihren Zweck erreicht hätte.
Inzwischen bereiteten ihr die Wahlen schon vorher viele Schwierig-
keiten, Verdruß und Aerger. Sie beschloß, in das Fahrwasser des
Kaiserreichs einlenkend, wieder überall officielle Candidaturen auf-
zustellen und hätte gewünscht, daß ihre Candidaten alle sich den
Wählern einfach als Candidaten des Marschalls vorgestellt hätten;.
aber davon wollten weder Legitimisten noch Bonapartisten etwas
wissen: keine wollten ihre specielle Fahne auch nur für den Augen-
blick in den Winkel stellen, sondern offen für ihren künftigen König
oder für ihren künftigen Kaiser auf den Wahlplatz treten. Die
Vertheilung der officiellen Candidaturen unter die verschiedenen Par-
teien war daher ein schwieriges Ding und es wurde lange hin und
her gemarktet, ehe man sich verständigte. Um die Wahlagitation der
Regierung zu unterstützen, beschloß der Marschall, mehrere demon-
strative Ausflüge in die füdlichen, nördlichen und westlichen Depar-
tements zu machen; aber der Erfolg war ein kläglicher: die meist