NH beusische Reich und seine rinzelnen Glieder. (März 13.) 75
sterium. Besteht doch auch ein mit dem preußischen concurrirendes Reichs-
justizministerium. Wir haben sogar früher in Preußen zwei Justizministerien
gehabt, das eine für die Verwaltung, das andere für die Gesetzgebung. Es
ist nur einer außerordentlichen Arbeitekraft möglich, beide gleichzeitig zu leiten.
Also auch dort könnte ein Reichsjustihminister mit dem preußi-
schen Justizminister in ein nahes Verhältniß treten, in demselben
Collegium liben, ohne sich gegenseitig in ihrer Thötigkeit zu
hemmen. Ich will nicht ehinpen " eine solche Institution ein Ideal
sei, aber sie ist erreichbar, während ich fürchte, daß ein losgelöstes Reichs-
ministerium immer in der Luft schweben würde. Nur im vollkommenen Jen-
seits könnte ich mir ein solches Ministerium denken (Heiterkeit), aber mit dem
heutigen deutschen Blute werden wir nicht dazu kommen, es wird immer so
theoretisch, ich möchte sagen: so ätherisch in seiner Ausbildung werden, daß
es sich allmählich verflüchtigt. Ich möchte nun bitten, daß die öffentliche
Meinung nicht etwa in den Irrthum verfalle, daß ich daran dächte, die
Skizze, die ich soeben mehr als eine Kritik des Bestehenden denn als Bild
des zu Erstrebenden gegeben habe, heute oder morgen zu realisiren.
Ich halte es überhaupt nicht für möglich, energisch nach einer solchen Rich-
tung vorwärts zu gehen, und ich mochte auch nicht, daß wir uns in die
Discussion darüber allzu sehr vertieften. Die Gegenwart gibt uns Stoff
genug zu Debatten, und wenn wir hier heute schon Das vorwegnehmen, was
wir vielleicht über ein Jahr in der Steuerreform und später in der Ausbildung
von Reichsministerien, die aber durch die kanzlerische Verantwortlichkeit ge-
deckt sind, zu thun beabsichtigen, dann werden wir nicht fertig. Ich bin
augenblicklich von keinem andern Interesse beseelt, als das uns vorliegende
Budget mit möglichst wenigen Abstrichen und zu möglichst hoher Zufrieden-
heit von Seiten des Reichstages durchzubringen, und ich bin durch die Dar-
legung der Zukunftgedanken — oder nennen Sie es meinethalben Träu-
mereien; ich habe das Recht, zu träumen, 0t, gut wie jeder Andere — von
dieser comparten. Aufgabe in keiner Weise abgekommen. Ein Rück blick auf
de- —* enheit wird Ihnen zeigen, daß die junge deutsche Einheit in zehn
ren und namentlich in den fünf Jahren, seitdem wir das Reich in seiner
#ainu haben, in ihrem Wachsthum Fortschritte gemacht hat, auf die
wir früher nicht gehofft haben. Verlassen wir nicht der Theorie zu Liebe
den Weg, der uns praktisch weiter geführt het, und wollen wir schneller
vorwärts kommen, so ist das beste Mittel dazu das einheitliche
usammenhalten zunächst des Reichstages und der verbündeten
egierungen, dann aber auch des Reichstages in sich. Ich bin ja
von dem guten Willen eines Jeden dazu überzeugt; aber der Zorn des
Kampfes führt unter Umständen weiter. Wenn das Interesse für das Ganze
sich stärker erweist, als das Interesse für die Verbände der Gesinnungs-
genossen, wenn der Reichstag mit den verbündeten Regierungen
oder auch nur mit der kaiserlichen Partei innerhalb der Regie-
rungspartei giuig ist, wenn die Führung vorsichtig vorwärts
geht, dann, m. —— kommen wir zum Ziele, das allen billigen
und verständigen. ünschen unserer Mitbürger entsprechen wird.
Lasker: Der Reichskanzler sagte neulich, wir könnien a die Bundesvertre-
tung als Reichsministerium betrachten; ich habe aber —*8 damals betant.
daß es uns nicht auf den Titel ankommt, sondern auf den Inhalt, und w
können wenig mit unsern Klagen über Nichtbefriedigung von praktischen Ver
dürfrissen utköstet sein, wenn man un theoretische Vortrage über Vorschriften
erfassung hält. Für uns ist die Verfassung auch ein reines Dogma,
und withabcnscmchcttfofottbctontbaßderRetchstagzutAbandekung
competent sein soll; wenn sich Schäden herausstellen, so ist es eben seine