88 Des besische Reich und seine eintelnen Glieder. (April 11.)
und vertheilt werden; ein Antrag, dasselbe zur Debatte zu slellea,
sei geschäftsordnungsmäßig durchaus zulässig.
Die Stellvertretung ist also bine dreifache durch Hofmann, Bülov und
(für Preußen) Camphausen. Es fällt auf, daß der Name des Ersteren en dem
Schreiben des Reichskanzlers nicht genannt ist.
Die offiz. preuß. roo- Corr.“ veröffentlicht darüber folgenden Ar-
tikel: „Das Abschiedsgesuch des Reichskanglers Fürsten v. Bismarck ist von
Er. Mafj. dem Kaiser nicht genehmigt worden: das Oberhaupt des deutschen
Reiches hat in Uebereinstimmung mit den Kundgebungen der öffentlichen
Meinung, wie sie auf die Nachricht von dem Gesuch des Fürsten überall
lebhaft und dringlich hervorgetreten sind, als den höchsten Gesichtspunkt für
seine Entschließungen erachtet, dem Kangler jede zeitweise nöthig erscheinende=
efreiung von seinen Geschäften eher zugugestehen, als in seinen wirkli
Rücktritt zu willigen. Der Kaiser und das deutsche Volk können und wansle en
sich nicht mit dem Gedanken vertraut machen, daß der Staatsmann, aus dessen
gewaltigem Denken und Schaffen die Gestaltung unseres nationalen Gemein=
wesens hervorgegangen ist, und der die Entwicklung besselben seither durch
alle Schwierigkeiten von Stufe zu Stufe glücklich hindurchgeführt hat, seine
and von der weiteren Leitung desselben zurückziehen sollte, so lange diese
and nicht wirklich erlahmt und erschlafft ist: — der Kaiser konnte aber zu
der stets bewährten treuen und patriotischen Hingebung des Kanzlers das
Vertrauen hegen, daß er ungeachtet der schweren Erschütterung seiner Gesund=
heit auf den Rücktritt von seinem erhabenen Berufe vergichten würde, so
lange die Hoffnung begründet erscheint, daß er die unerläßliche Erfrischung
und neue Slärkung zu weiterem Wirten und Schaffen ohne jene volle Enk-
sagung wiedergewinnen werde. Wenn der Reichskangler selbst, in dem pein-
lichen Gefühle, den gehäuften und aufreibenden täglichen Anforderungen seines
Berufes nicht mehr in einem seinen eigenen Ansprüchen und * en ent-
sprechenden Maße gewachsen zu sein, in seiner strengen Gewissenhastigkeit es
für seine Pflicht hielt, dem Kaiser seine Entlassung und die Wahl eines
Nachfolgers anheimzustellen, — so konnte er sich doch dem Verlangen Sr.
Majestät nicht entziehen, zunöchst noch einmal den Versuch zu machen, in
einem längeren Urlaub seine Kräfte neu zu beleben und zu stärken, einst-
weilen aber sich und seine unersetzliche Autorität dem Reiche zu erhalten.
Um dem Wunsche des Reichskanzlers auf volle Entbindung von allen amt-
lichen Geschäften und Sorgen, wenn auch nicht dauernd, doch wenigstens für
einen längeren Zeitraum zu entsprechen, mußte zur Erwägung kommen, ob
nicht während einer ausgedehnten Beurlaubung eine volle Stellvertretung des
Kanzlers in Bezug auf alle seine verfassungsmäßigen Befugnisse zu ordnen
wäre: in solchem Fall würde einem für die gesammte innere Verwaltun
des Reichs und Preußens einzusetzenden eiellnhelrrter behufs vollständiger
Entlastung des Fürsten auch die nach der Reichsverfassung dem Kanzler zu-
stehende Eegenzeichnung und Vrrantworklichtet für die Anordnungen und
Verfügungen des Kaisers zu übertragen gewesen sein. Im Hinblick auf die
Meinungskämpfe und Schwierigkeiten aber, welche die Regelung einer so weit
ausgedehnten Stellvertretung darbieten konnte, hat der Reichskangler auch
darin den Wünschen des Kaisers gewillfahrt, daß er zunächst während eines
kürgeren, mehrmonatlichen Urlaubs den Zusammenhang mit der Leitung der
Reichsgeschäfte nicht abielt aufgeben, vielmehr dem Kaiser auf Verlangen
mit seinem Rath zur Seite stehen und die verfassungsmäßige Gegenzeichnung
der kaiserlichen Anordnungen, insowet erforderlich, übernehmen wird.
Vertretung des Fürsten in allen übrigen Beziehungen ist für die inneren
Reichsangelegenheiten dem Prüsidenten des Reichskanzleramtes, für die aus-