Das deulsche Reich und seine einselnen Glieder. (Juni 28.) 105
Mehreinnahme des Neiches in bedeulendem Umfange -n erreichen ist, sieht
nach allseitigem Anerkenntniß in erster Linie der Tabak, dessen höhere Be-
stenerung mit Leichtigleit den größten Theil der kisihswerihe Mehr-
einnahmen für das Reich einbringen kann. Ob dabei die im des Mono-
pols oder eine hohe Fabrikatsteuer oder ein anderer Mo# ins Ange zu
kugen sein wird, bleibt von dem Ergebnisse der mit Zustimmung des Reichs-
lages eingeleileten Enquele abhängig. Als Folge der Vermehrung der Reichs-
einnahmen würde (um zunächst und vorbehaltlich näherer Darlegung nur
für Preußen nochmals anzudenten, was Seitens der Vertreter der Regierung
wiederholt ansgeführt worden is.) Schrikt vor Schritt eine durchgreisende
Reform der Klassen= und Einkommenstener Behufs vollständiger Vefreiung
oder wesentlicher Erleichterung der unteren Stufen, die Verwendung eines
namhasten Theiles der Grund= und Gebäudestener für die kommunalen Ver-
bände Behuss Erleichterung der Kommnnalsteuern und weiler eine Resorm
der Gewerbesteuer Behufs Erleichlerung der Handwerker und der kleineren
Handeltreibenden in Aussicht zu nehmen sein. Außerdem würde die Mög=
lichleit gewonnen werden, die Förderung neuer produltiver Aulagen im
Interesse der verschiedenen Landestheile, sowie die bevorslehenden weiteren
Reformen, namentlich auf dem Gebiele des Unterrichtswesens, für welche
sonst die Stenerkrast der Kommunen auf's Neue erheblich in Anspruch ge-
nommen werden müßte, ohne solche neue Velastung durchsnführen. Das sind
die wesentlichen Gesichlepunkle bei der in Angriff genommenen Finanreform.
Nur auf dem von den Regierungen eingeschlagenen Wege ist es möglich, das
Volk von bisherigen drückenderen Lasten zu befreien und vor der sonft un=
vermeidlichen anderweitige u Steigerung der staatlichen und kommunalen Lasten
zu bewahren. Tepthalb rechnen die Regierungen darauf, für die Durchführung
der Stenerreform in dem neuen Reichstage eine sestere Stütze als bieher zu
sinden. Die Sorge der Regierungen ist in jeder Beziehung auf die För-
derung der wirthschafllichen Wohlfahrt des Volkes gerichtet: auch in der
Handelspolilik sollen bei der weiteren Entwicklung, unter Festhaltung der seit
Gründung des Zollvereins stetig brachteten grundsätzlichen Gesichtspunlle, in
jeder Besiehung die thatfächlichen Interessen und Be edürfuisse des gesammten
nalionalen Verkehrs, der Produklion wie der Consumtion, sorglich gewahrt
werden. Eine energische Eutwicklung des Verkehrswesens (der Eisenbahnen,
Kauäle u. s. w.) und die sorgliche Verücksichtigung der volkswirthschaftlichen
Jnteressen innerhalb der Eisenbahnpolitik werden einen mächtigen Hebel ab-
geben, die valerländische Prodnktionsfähigkeil zu steigern. Die Regierungen
können aber in allen diesen Beziehungen ihre Absichten für die Mohlfahrt
und das Gedeihen des Volkes nur durchführen, wenn sie der willigen und
entschlossene#n- Ünterstütung einer festen Mehrheil im Reichslag gewiß sind."“
26. Juni. Der Congreß überträgt auf die Anregung Oester-
reichs selbst und auf den formellen Antrag Englands Oesterreich
die Besetzung und Verwaltung Vosnien's und der Herzegowina. Die
Türkei protestirt dagegen.
Der dießfällige Gung der Beralhung des Congresses ist überaus cha-
rakteristisch. Zu Beginn der Sitzung verlieel Graf Andrassy ein Me-
morandum, worin unter Anderm trauf hingewiesen wird, daß Oesterreich=
Ungarn ein ganzes Jahr lang durch die Insurreltion und die Agitation in
den Nachbarländern an seinen Grenzen zu leiden hatte. Er setzt auseinander,
daß Oesterreich-Angarn über 150,000 Cornische Flüchttinge anfnehmen mußte,
welche die Rücklehr nach Bosnien verweigerten, so lange als dieses unter
lürkischer Herrschaft verbleibe, die ihnen weder Existenz noch Sechutz gewähre