Das benische Reich und seine einzelnen Glieder. (März 31 — April 1.) 113
(Meppeny erklärt, das Centrum werde bezüglich der wirthschaftlichen
Maßregeln (der Schutzzölle) die Regierung unterstützen, dagegen be-
züglich der Finanzzölle sich die Entschließung vorbehalten.
31. März. (Deutsches Reich.) Reichstag: große Debatte
über Reichensperger= v. Kleist'sche Anträge in der Wucherfrage.
Diefelben werden schließlich einer Commission überwiesen.
Die Debatte hat ihren Abschluß indeß nicht sowohl darin, da dieß
schon vorher feststand, gefunden, sondern durch die Erklärung des Staats-
secretärs im Justizamt, L#r Friedberg, der, wenn auch in schonendster Weise,
für jetzt gegen jede Aenderung des Civilrechtes protestirt, aber zugesteht, daß
bezüglich der Ausbeutung der Armen durch den gewerbsmäßigen Wucher das
Strafgesebbach Lücken enthalte und daß die Ausfüllu derselben anzustreben
sei. Dr. edberg bezweifelt freilich selbst, ob die schreiendsten Mißstände
auf diesem Wege beieitigt werden können; aber die Beschränkung des Zins-
fußes und der Wechselfähigkeit würde dazu auch nicht im Stande sein.
31. März. (Preußen.) Der Staatsanzeiger publicirt die
Ernennung des Ministers Friedenthal zum Minister für Landwirth-
schaft, Domänen und Forsten und des Ministers Maybach zum
Minister der öffenklichen Arbeiten; Letterer wird mit der einst-
weiligen Fortführung der Verwaltung des Ministeriums für Handel
und Gewerbe beauftragt.
31. März. (Preußen.) Der Appellations-Gerichtshof Köln
weist die Eigenthumsklage des erzbischöflichen Stuhles begüglich des
erzbischöflichen Palastes, sowie die Eigenthumsklage des Domkapitels
bezüglich mehrerer Häuser, welche beide Klagen in erster Instanz zu
Gunsten der Kläger entschieden worden waren, ab.
— März. (Deutsches Reich.) Der Reichskangler sistirt in
Folge des allzu ungünstigen Silberkurses bis auf weiteres den
Silberverkauf.
1. April. (Deutsches Reich.) In Köln wird an diesem
Tage (seinem Geburtstage) ein Standbild des Reichskanzlers Fürsten
Bismarck enthüllt.
1.—2. April. (Deutsches Reich.) Reichstag: genehmigt in
zweiter Lesung das Nahrungsmittelgesetz.
Die für Berathung des Antrags Stumm niedergesetzte Com-
mission beschließt mit 9 gegen 5 Stimmen:
Den Hru. Reichskanzler aufzufordern, dem Neichstage thunlichst bald
einen Gzentturf betreffend die Errichtung von obligatorischen Invaliden=
#ltersversorgungscassen für Fabrik-Arbeiter auf folgender Grundlage
worzuieger Die Cassen haben neben bet Pensionirung der Arbeiter selbst auch
ihren Wittwen und Waisen entsprechende Ünterstühungen zu gewãhren.“ Da-
mit hat sich also die Commission är die obligatorischen Invaliden-Cassen
entschieden, obwohl der Regierungscommissär diesem Prineip noch unzweiden-
Schulthess, Gurop. Geschichtekalender. XX. Bd.