116 Das derische Reih and seint tinjelnen Glieder. (April 3.)
Abzug der Makrikularbeiträge nicht mehr genügen, um die fortwährend stei-
genden Bedürfnisse des Staatehaushalts zu decken. Die Schwierigleiten, mit
welchen die Finanzverwallungen der Einzelstaaten zu kämpfen haben, werden
dadurch bedeutend vermehrt, daß die den Staaten verbliebenen Einnahmen
zum großen Theil keiner Steigerung auf dem Wege der Gesetzgebung (Do-
mäuen, Forsten, Eisenbahnen) fähig sind, so daß das ganze Schwergewicht
einer ceseblichen Einnahmevermehrung in den einzelnen Staaten auf die di-
recten Steuern fallen müßte. Die directe Steuerkrast der Bevölkerungen ist
aber durch die mehr oder minder überall an die directen Staatsstenern ange-
lehnte directe Communalbesteuerung bereits in einem solchen Maße angespannt,
daß das Ziel der partikularen Steuerreform nicht in Bermehrung, sondern
in Verminderung der directen Steuern liegen muß. Die Finanzwerhältnisse
der einzelnen Staaten im Zusammenhalte mit den eigenen Bedürfnissen des
Reiches erheischen demnach gebieterisch die Nutzbarmachung der in der Zollge-
sebgebung des Reiches gegebenen Befugniß indirecter Bestenerung. Die Nich-
tung, in welcher sich die deutsche Finanzrejorm bewegen muß, ist Dem ent-
sprechend bereits bei den vorjährigen Vorlagen dahin bezeichnet worden: daß
durch Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs eine Eniwickelung ein-
geleitet werde, welche „eine Entlastung des Budgets der Einzelstaaten herbei-
führt, so daß es den iehleren dadurch ermöglicht wird, drückende Steuern zu
beseitigen oder zu ermäßigen oder, wenn sie Dieß für angezeigt halten, ein-
zelne dazu geeignete Steuern den Provinzen, Kreisen und Gemeinden ganz oder
theilweise zu überlassen.“ Neben dem finanziellen Bedürfniß sind es volks-
wirthschaftliche Interessen, weelche eine umfassende Revision des Zolltarifs drin-
gend erheischen. Auch in dieser Beziehung bat, die geschichtliche Entioickelung
der dentschen Verhältnisse es mit sich gebracht, daß der Zolltarif in seiner
gegenwärtigen Gestalt den Anforderungen nacht genigt, welche die nationale
Erwerbsthätigkeit mit Recht stellt. Der Zollverein fand bei seinem Entstehen
den preußischen Zolltarif vor, an welchen er sich im Wesentlichen anzulehnen
hatte. Neben der großen und für die gesammte Bedentung des Zollvereins
zunächst entscheidenden Errungenschaft der Verkehrsfreiheit im Innern ent-
hielten die bei der Gründung des Zollvereins getrossenen Tarifbestim-
mungen eine angemessene Berücksichtigung der damaligen Bedürfnisse der deut-
schen Volkswirthschaft und der einzelstaatlichen Finanzen. Die Verfassung
s Zollvereins mit dem vertragsmäßigen Erforderniß der llebereinstimmung
semnilicher Vereinsmitglieder stand einer selbstständigen Fortbildung
Tarifs bindernd entgegen. Es ist deWhalb erklärlich, daß wesentliche urt
derungen des Tarifs erst auf dem Wege des Abschlusses # von Zoll= und Han-
belsvuerträgen mit fremden Staaten zu Stande kamen. Da die letzteren vor-
nehmlich Gewicht auf vermehrte Erschließung des deutschen Marktes legen
mußten, so war es unvermeidlich, daß die auf die Handelsverträge gegrün-
dete Tarifentwickelung des Zollvereins zu allmählicher Abminderung des frü-
heren Schuzes der einheimischen Produltion führte. In volkswirthschaftlicher
Hinsicht konnte diese Politik auf die Dauer nur unter zwei Voraussehzungen
dem Interesse der Nation entsprechen. Erstens mußten die übrigen Staaten,
mehr und mehr dem von Deutschland bei den Vertragsabschlüssen gegebenen
Beispiele jelgend, das Exportinteresse über die Sicherung des einheimischen
Marktes stellen. In der That war diese Hoffnung in politischen wie in
hiltwithshafte Kreisen bis vor wenig Jahren weit verbreitet. Auch im
Zollparlament und noch im Reichstag traten — wenn auch nicht unbestrit-
ten — gleiche Anschauungen 7 stark hervor, daß von deutscher Seite in den
Tarifänderungen von 1870 und 1873 auf dem Wege der eigenen Gesetzge-
bung noch unter die den Teitragsslcalen #ugestherten Tarifsähe herunterge-
gangen wurde. Heute besteht nach der Lage der fremden Zo nanse in und