Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

Hor deutsche Reich und seine einbelnen Glieder. (Mai 29—30.) 175 
danach werden für 1200 “ Aclien 1200 .4 in 4proc. Confols sowie 
ein 4½proc. Staatsschuldschein über 200 4 gewährt. 
29. Mai. (Deutsches Reich.) Reichstag: Zolldebatte: die 
von der Tarifcommission vorgeschlagenen Holzzölle werden mit 172 
gegen 88 Stimmen angenommen. 
— Mai. (Bayern.) Die Officiere und Feldwebel der 
bayerischen Armee sollen nach Beendigung der dießjährigen Herbst- 
mannöver die Säbel mit Degen vertauschen. 
Langsam, aber stetig verschwindet eine bayerische Eigenthümlich- 
keit im iHerrpesen um die andere und macht auch äußerlich der Einhe 
der deutschen Reichsarmee Ma- Was aber von Officieren und Mannschaft 
mehr gewünscht wird, ist, die schweren bayerischen Raupenhelme recht 
ald gegen die nur halb so schweren Pickelhauben vertauscht würden, mit welchen 
bereits die beiden bayerischen. Cürassierregimenter nach vorhergegangener Ab- 
legung der Cürasse am 1. Mai bekleidet und zugleich in „schwere Reiterei“ 
umgetauft wurden. 
— Mai. (Deutsches Reich.) Ein Schweizer Blatt macht 
aufmerksam auf die im Herbst bevorstehenden, mit besonderer Macht 
und Glanzentfaltung, offenbar demonstrativ in der Nähe von Straß- 
burg abzuhaltenden deutschen Mannöver, und fährt dann fort: 
„Während die deutsche Herresleitung durch die in den letzten Tagen 
vollendeie Armee- Eisenbahn von Berlin nach Metz die Stoßkraft Deutsch- 
lands gegen den Nordosten Frankreichs vermehrt hat, antwortet Frankreich, 
nachdem dessen ungeheure Festungsbauten nahezu vollendet sind, aburch ähn= 
liche gegen den Südwesten Deutschlands gerichtete Maßregeln. Die Arbeiten 
der Linie Besangon-Mortean werden in der allernächsten Zeit wieder auf- 
genommen, gleichzeitig mit ihr soll eine von Pontarlier über Morteau und 
St. Hippolyt der Schweizergrenze entlang nach Montbeliard führende Linie 
fertig werden. Die der Paris-Lyon= Mittelmmerrgesellichaft gehörende 219 
Kilom. lange Linie von Bourg en Bresse über Besancon nach Vesoul läßt 
der Staat auf seine Kosten zu einer zweiten Spur erweitern und die dieß- 
sälligen Arbeiten sind bereits vergeben. Das zweite Geleise wird Eigenihum 
des Staates. Wie wenig dieser mit jeinem Gelde geizt, zeigt sein Vorgehen 
Tgenüber der Linie Besangon-Morteau. e Ofrüher Gesellschaft hatte auf 
den Bau 3,200,000 Fr., darunter 1,200,000 Fr. Staatssubvention, ver- 
wendet und, da sie zu Grunde gegangen, u ihr der Staat das Object 
für 2 Millionen ab, so daß die Gesellschaft nichts verliert; der Wunsch nach 
Möglichst rascher Durchführung des Werkes sei dabei maßgebend gewesen.“ 
30. Mai. (Deutsches Reich.) Bundesrath: nimmt feiner- 
seits das Sperrgesehz nach den Beschlüssen des Reichstags an und 
genehmigt die Vorlage betr. die Verfassung und Verwaltung von 
Elsaß-Lothringen nach dem Antrage seiner Ausschüsse. 
Der Wortlant des vom Bundesrath beschlossenen Gesetzentwurfs be- 
treffend die Verfassung und die Verwaltung Elsaß-Lothringens, ver- 
glichen mit demjenigen der seitens des Reichskanzlers dem Bundesrathe ge- 
machten Vorlage, zeigt, daß die Meinnng, der Bundesrath habe die Vorlage 
mit unwesentlichen Abänderungen angenommen, mit einiger Einschränkung 
zu verstehen ist. In der Hauptsache freilich betreffen die Abäuderungen, 
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