302 Das deulsche Reich und seint einzelnen Slieder. (Dec. 18.)
Nachdem das Schiff am 31. Mai 1878 gesunken war, wurde die
Untersuchung zunächst der Havariecommission zur Begutachtung. übergeben.
Das Havariegutachten traf am 22. Juli ein; man hörte, daß das Gutachten
den Capitän Grafen Monts für unschuldige“ an dem Unglück erklärt habe
und die Schuld anderen Factoren zumesse. Die Havariecommission hatte be-
standen aus den Capitäns zur See Przewisinski, von der Golh und Stenzel.
Bestätigt war das Gutachten durch den Contre-Admiral Werner als damaligen
Chef der Marinestation der Ostsee. Am 13. September wurde der Chef der
Admiralität im Reichstage interpellirt und aus seiner Antwort ging hervor,
daß er sich mit dem Gutachten der ar Habariecommisson durchaus nicht einver-
standen erklären könne. Er machte diesem Gutachten schwere Vorwürfe und
ließ in seiner Rede dentlich durchblicken, daß seines Erachtens die Schuld
am Untergange des Großen Kurfürsten der Führun dieses Schiffes, also
doch wohl dem Grafen Monts, zuzuschreiben sei. Wenn er den Admiral
Batsch auch nicht aller Schuld entkleideie, so nahm er ihn doch aufs Wärmste
in Schutz. So viel man auch später von officiöser Seite diese Rede des
Ministers hat ausdeuten und abschwächen wollen, so wird doch gerade durch
diese Versuche bestätigt, das der Minister in seiner Nede zu weit gegangen
war. Es mag daher, kurz des Inhalts des Gutachtens der Havariecommission
erwähnt werden. Die Commission suchte zunächst den Grund des Unglücks
in verschiedenen mangelhaften und schädlichen inneren Einrichtungen der
Marine. Dann sprach es den Capitän Grafen Monts von aller Schuld frei,
tadelte aber das Verhalten des Capitän-Lientenants Klausa und namentlich
das des Admirals Batsch, der die enge, durch nichts gerechtfertigte Fahrord=
nung anbefohlen. Es kam nun die „Affaire Merner.= Werner hatte das
dem Chef der Admiralität mifliebige Gntachten bestätigt; irriger Weis
brachte ihn daun der lettere auch noch in Verbindung mit Iofenhpene
die in der Presse erschienen waren und Herrn v. Stosch angegriffen hatten.
Diesem ungerechtfertigten Verdachte gab Herr v. Stosch Herrn Werner gegen-
über in einer solchen Form Ausdruck, daß Werner zur Einreichung seines
Abschiedsgesuches gewungen wurde. Alle diese Vorkommnisse hatten bewirkt,
daß die Angelegenheit des Großen Kurfürsten zu einer Tagesfrage wurde.
Das große Aufsehen, welches die Sache erregte, hatte den Erfolg, daß eine
weitere Begntachtung des Gutachtens der Havariecommission angeordnet
wurde. Jachmann, Vice-Admiral a. D., Klatt, Contre-Admiral a. D., v.
Henk, Vice-Admiral und Director der Admiralität, reichten neue Gutachten
ein, welche sich dem der Havariecommission vollständig angeschlossen haben.
Das Kriegsgericht war endlich Mitte Februar 1879 zusammengetreten und
haite nach mehrtägiger Berathung ein Urtheil gefällt, welches im Instanzeu-
wege in das Militärcabinet besandt wurde, aber durch kaiserliche Entschließung
umgestoßen wurde. Dasselbe hatte Admiral Batsch, Capitän Graf Monts
und Kühne freigesprochen, Capitän-Lientenant Klausa hingegen zu mehr-
wöchentlichem Arrest verurtheilt. Ein weiterer Zwischenfall war die Be-
schwerde und die darauf folgende Verabschiedung des Vice-Admirals Heuk,
r sich in seinem Gutachten der Hevariccommission, und dem Admiral Werner
angeschlossen hatte. Ein zweites Kriegsgericht trat am 3. Juni zusammen
und verurtheilte Admiral Batsch zu 6 Monaten —— miß, Klausa zu 4
Wochen Festungshaft, sprach aber Graf Monts und Kühne frei. Am 20.
Juli wurde dieses Urtheil vom Kaiser bezüglich der Angeklagten Kühne und
Klausa bestätigt, bezüglich des Admirals Batsch in sechsmonatliche Festungs-
haft umgewandelt. Ueber den zum zweiten Male frei gesprochenen Capitän
Graf Monts wurde ein drittes Kriegsgericht angeordnet, welches am 22. August
abgehalten wurde. Auch dieses lautete für den durch drei Kriegsgerichte ge-
schleppten Angeklagten freisprechend, wie es auch nach der ganzen Sachlage