Krankreich. (Febr. 13—17.) 397
Ob jener Gnadenakt von den Verurtheilten nachgesucht werden muß oder
auch sonst erfolgen kann, darüber schweigt das Gesetz; jedenfalls hängt die
Gnade, der Straferlaß, also die Hauptsache, nach wie vor nur von der exe-
eutiven Gewalt ab. Diese Gnade kann sich vermöge der Vorlage auch auf
contumaces erstrecken, was nach dem ordentlichen Gesehe bisher nicht erlaubt
war. Der Art. 637 der Strafprozeßordnung, von dem die Vorlage in Art. 3
spricht, erklärt die mit Tod oder lebenslänglichen Gefängnißstrafen bedrohten
Verbrechen in zehn Jahren für verjährt, wenn nicht inzwischen eine Ver-
folgung eingeleitet worden ist; diese Verjährung soll also den Commune-
Schuldigen, gegen welche ein Prozeß eingeleitet, aber nicht zu Ende geführt
worden ist, schon jetzt zu Gute kommen. Der Art. 476 der Strafprozeß-
ordnung endlich wahrt dem in contumaciam Verurtheilten, der sich den
Behörden stellt, das Recht auf eine neue Verhandlung. Dieses „Recht",
von dem wohl kaum ein einziger Verurtheilter Gebrauch gemacht haben
würde, wird durch Art. 5 der Vorlage ausdrücklich aufgehoben.
Die Bureaux der Kammer wählen die Commission für Vor-
prüfung des Antrages Laisant auf Abschaffung des Einjährig-Frei-
willigen-Instituts und Reduction der Militärdienstzeit von 5 auf
3 Jahre. Von elf Mitgliedern dieser Commission sind neun für
den Antrag.
13. Januar. Kammer: die Bureaux wählen die Commission
zur Vorberathung des Amnestiegesetzes. Von den 11 Mitgliedern
sind 8 dem Entwurfe der Regierung günstig, während die übrigen
3 Mitglieder eine vollständige Amnestie verlangen. Die Bonapar-
tisten stimmen in den Bureaux mit den Nadicalen für vollständige
Amnestie.
14. Februar. Kammer: Talandier (äußerste Linke) beantragt,
daß die Marsfellaise als Nationalgesang anerkannt werde gemäß dem
Decret von 1795. Kriegsminister Gresley erklärt seine Bereitwillig-
keit, dieses Decret zur Anwendung zu bringen. Talandier zieht
seinen Antrag zurück.
16. Februar. Die vom Minister des Innern de Marchre
angeordnete Enquete bez. der Polizeipräfectur führt zu keinem Re-
sultate, da mehrere Beamtete, die einvernommen werden, sich hinter
das Dienstgeheimniß verschanzen, andere aus Furcht vor Absetzung
in ihren Aussagen mehr als zurückhaltend sind. Die Mitglieder
der Commission legen daher ihr Mandat in die Hände des Mini-
sters zurück. Daß jedoch arge Mißbräuche in der Polizeipräfectur
obwalten, wurde constatirt, die Stellung des Polizeipräfecten Alb.
Gigot ist offenbar eine unhaltbare geworden.
17. Februar. Die Regierung annullirt einen Beschluß des
(radicalen) Gemeinderaths von Paris, der 100,000 Fr. zu Gunsten
der begnadigten Communards bewilligt hat. Der Gemeinderath