Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

Krankreichs. (Nov. 26-28). 423 
Auch verspricht er weitere Abberufungen unter den Beamten des finang- 
ministeriums und stellt eine Lösung der Gensdarmeriefrage in nahe Aussicht. 
Die Bureaux der vier Gruppen der Linken berathen darauf die Frage wegen 
Interpellation des Ministeriums. Mehrere Mitglieder machen darauf auf- 
merksam, daß es unlogisch und gefährlich wäre, das Ministerium zu stürzen, 
bevor man wisse, wie es zu ersetzen sei. Da die verschiedenen Gruppen der 
Linken kein gemeinsames politisches . Programm haben, so schlägt Brisson vor, 
zuvor ein solches auszuarbeiten. Der Vorschlag wird mit großer Mehrheit 
angenommen. 
26. November. Der Generalrath des Seine-Departements 
nimmt eine Tagesordnung an, worin er sein Bedauern ausspricht, 
daß der Polizeipräfect von Paris sein Personal nicht purificirt habe. 
Darauf erklärt der Polizeipräfect, solche Dinge gehörten nicht zur 
Competenz des Generalraths, und er werde die Vernichtung dieses 
Beschlusses beantragen. 
27. November. Wiederzusammentritt der Kammern und zwar 
nunmehr in Paris. Der Senat nimmt sofort das von ihm noch 
unerledigt gelassene Budget für 1880 in Angriff. 
28. November. Die Regierung erklärt durch Decret das vom 
Generalrath gegen den Polizeipräfecten beschlossene Tadelsvokum für 
null und nichtig. 
28. November. Der Iustizminister Le Noyer erstattet dem 
Präsidenten der Republik einen einläßlichen Bericht über die Frage 
einer allgemeinen Amnestie für die verurtheilten Communards, in 
dem er sich sehr energisch gegen eine Amnestirung der Häupter der 
Commune, die nur nach Nache, nicht nach Gnade, dürsten, aus- 
spricht und dessen Schluß dahin geht: 
„Am 5. Juni, also am Ende der von dem Gesebe gesteckten drei- 
monatlichen Frist, waren alle zuchtpolizeilich wegen Amtsanmaßungen oder 
willkürlicher Verhaftung verurtheilten Individuen ohne Ausnahme begnadigt. 
ebenfalls am 5. Juni hatten von den oben erwähnten 4311 kriegs= oder 
schwurgerichtlich Verurtheilten 3113 ihre Gnade und 203 eine Umwandlung 
hrer Strafe erhalten. Die Zahl der pict begnadigten Individuen beläuft 
ch daher nur voch auf 1198. Seitdem haben Sie und ich es an weiterer 
Obsorge nicht fehlen lassen. In Folge einer nochmaligen Revision haben 
Sie auf meinen Antrag 368 Verurtheilten den Rest ihrer Strafe erlassen 
und 209 ihre Strase umgewandelt oder herabgesetzt, so daß jetzt nur noch 
830 Commune-Verurtheilte nicht begnadigt und nicht auf freien Fuß gesetzt 
sind. Von diesen 830 Individuen waren 554 contradictorisch, 276 in con- 
tumaciam verurtheilt worden; 65 waren Mitglieder der Commune gewesen, 
89 hatten gemeine Verbrechen' gegen Personen und 104 gemeine Verbrechen 
gegen das Eigenthum begangen, 521 hatten Vorbestrafungen, 51 fallen in 
die letzte Calegorie der von der Amnestie Ausgeschlossenen. vsb sind, Hr. 
Präsident, die Resultate des Gesetzes vom 3. März 1879. Sie sind ein 
sprechender Beweis für den liberalen Geist, mit wüßem dieses Gesetz aus- 
gelegt worden ist. Man kann für jetzt nicht mehr thun, ohne über die Ab- 
sichten der Mehrheit, die es votirt hat, hinauszugehen.“ 
  
 
	        
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