454 Die Schweiz. (Juni 7—13.)
in Solothurn. Erklärung der im bernischen Jura in diefelbe ge-
wählten römisch-katholischen Mitglieder. Beschlüsse der Synode.
Die Erklärung der in 14 römisch-latholischen Gemeinden gewählten
jurassischen Delegirten ist vom 30. Mai datirt und geht dahin, sie würden
nicht zur Synode kommen, denn sie seien römisch-katholisch bin Ehrfurcht
nunterworfen der obersten Autorität des Papstes und ebenso der Ankorität
ihres rechtmäßigen Bischofs und ihrer nach den canonischen Bestimmungen
eingesetzten Geistlichen“". Der „rechtmäßige Bischof" ist Hr. Lachal und die
„canonischen Bestimmungen= schließen die Wahl der Geistlichen durch die
Gemeinde und die Bestäligung durch die Regierung aus. Die Vertreter von
14 Gemeinden sagen es somit in ihrem officiellen Actenstücke ganz deutlich,
es sei eine Komödie, wenn sie jebt ihre Geistlichen jelbst wählten und die
Bestätigung der Regierung einholten. Als eine Komödie bezeichnen sie na-
türlich auch ihre eigene Erwählung zu Delegirlen der Nationalsynode, sie
erklären: Damit die christkalholischen Minderheiten verhindert würden, sich
an der Nationalsynode vertrelen zu lassen, deßhalb jeien sie, die Römischen,
gewählt. Die Synode beschließt darauf hin nach dem Antrag des Synodal=
rathes: die in römisch-katholischen Gemeinden des Berner Jura getroffenen
Wahlen zur Nationalsynode als ungiltig zu erklären, weil versassungsgemäß
nur solche Mitglieder und Geistliche wahlsähig seien, die zur christlatholischen
Kirche gehören; daun findet der zweite Ankrag des Synvdalraths betreffend
eine wirksame Organisation der christkalholischen Minderheit Annahme, und
endlich beschließt man die Anshebung der liturgischen Commission und die
von Genf vorgeschlagene Meßliturgie, als noch nicht genügend vorbereitet,
zur näheren Prüfung und einmüthigen Antragstellung an den Synodalrath)
der Geisllichkeit Genfs zurückzuweisen. Dieser leßtere Beschluß wird auf
den Antrag des Bischofs Herzog gefaßtt, nach dessen Bericht es übrigens mit
der christkatholischen Nationalkirche besser stehl, als nach den Schwierigkeiten,
welchen sie zu kämpfen hat, zu erwarten war. Dieselbe zählt gegen-
wörtig 56 vollständig organisirte Gemeinden mit 72 Geistlichen.
7. Juni. (Waadt.) Großer Rath: der Staatsrath erstattet
demselben Bericht über den Stand der Simplonbahufrage.
Wie derselbe mittheilt, sind die Gefammtkosten der Linie, Zinsen ein-
begriffen, auf 130 Millionen Franken veranschlagt. Von Italien hofft man
einen Beitrag à fonds perdu von 28 Millionen zu erhalten, von Frankreich
50 Millionen und von der schweizerischen Eidgenossenschaft, den Cantonen
und betheiligten Bahngesellschaften 20—25 Millionen. Der noch bleibende
Rest soll durch Privatkkapital gedeckt werden. Am Schlusse seines Berichts
erklärt der Staatsrath, sobald der Angenblick zum Haudeln eingetreten, werde
er sehen, was zu thun sei und dem Großen Rathe bestimmte Anträge zur
Annahme vorlegen.
13.—16. Juni. Nationalrath: Vorlage des Bundesraths betr.
eine Erhöhung des Zolltarifs behufs Deckung des eingetretenen De-
ficits in den Bundesfinanzen. Bericht und Antrag der Commission.
Der Nationalrath beschließt mit großer Mehrheit, 84 gegen 28
Stimmen, in die Vorlage einzutreten und genehmigt diefelbe schließ-
lich im wesentlichen nach den beschränkenden Anträgen der Com-
mission. Der Beschluß unterliegt noch dem (facultativen) Referendum
des Volkes.