Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

510 Die ollomannische Porle. (Aug. 22 — Mitte Sept.) 
22. August. Beginn der von den Botschafter-Conferenzen der 
Mächte wieder in Gang gebrachten griechisch-türkischen Verhandlungen 
über eine Grenzberichtigung Griechenlands in Konstantinopel. Die 
griechischen Bevollmächtigten verlesen ein detaillirtes Expose der auf 
den Berliner Vertrag basirten Forderungen ihrer Regierung. Das 
Exposé läuft in der Frage aus: ob die Verhandlungen auf der vom 
Berliner Congreß vorgezeichneten Grundlage stattfinden werden? 
Sapfet Pascha erklärt: er werde darauf nach drei Tagen antworten. 
Die Antwort lantet schließlich ausweichend und die ganze Frage 
wird von der Pforte dilatorisch behandelt, da sie von vorneherein 
entschlossen ist, Griechenland keine, wenigstens keine neunenswerthe 
Concession zu machen. Die Verhandlungen schleppen sich daher auch 
bis Ende des Jahres in Vorschlägen und Gegenvorschlägen hin, 
ohne zu einem Resultate zu führen. 
5. September. (Ostrumelien.) Die internationale ostrume- 
lische Commission löst sich bis auf weiteres auf und wird nur auf 
eventuelle Weisung der Botschafter in Konslantinopel sich wieder 
versammeln. 
Sie tritt mit zwei letten Beschlüssen vom Schauplatz ab; sie hat 
erstens (auf Antrag ihres englischen Mitgliedes und mit 5 gegen die 2 Stim- 
men des russischen und des ilalienischen Bevollmächtigten) die Ausübung der 
Justiz in Ostrumelien im Namen des Sultans, und sie hat zweitens (mit 
Stimmeneinheit, also auch mit Zustimmung des russischen Mitgliedes) die 
edenklichkeit der während der russischen Occupation etablirten Turnvereine 
auszusprechen beschlossen. Bekannllich ist nach den früheren Abmachungen 
der letzte Beschluß (weil einstimmig) für den Gouverneur obligatorisch, wäh- 
rend der erste (weil nur mit Stimmenmehrheit gefaßt) nur die Natur eines. 
unverbindlichen Raths hat. 
10. September. Die Geldnoth der Regierung ist fortwährend 
dieselbe. Um die Reservetruppen (Redif) zu entlassen und die Armee 
auf den Friedensfuß herabzusetzen, schließt sie mit einigen Banken 
von Pera eine Anleihe im Betrage von 250,000 Lire ab. 
Indessen wird die Hälfte der stipulirten Summe in älteren Schuld- 
scheinen ausgezahlt; und rechnet man die übrigen Kosten, Commission, 
lgio u. s. w., so kommen von dieser Summe kaum 100,000 Lire in den 
Staatsschatz; so dürfte dieselbe kaum ausreichen, um das dritte Aufgebot 
der Redif, etwa 50,000 Mann, zu entlassen, indem man ihnen von der 
dreißigmonatlichen Gage einen Monat Gage auszahlt und für die unent- 
geltliche Beförderung in ihre Heimalh den Ortsbehörden die erforderlichen 
Bejehle ertheilt. Von den rückständigen Gehalten der übrigen Truppentheile, 
owie der sämmtlichen Civilbeamten, welche doch ebenso viele Rechte haben, 
ist gar keine Rede. 
Mitte September. (Ostrumelien.) Die Rückkehr der mahn- 
medanischen Flüchtlinge stößt trotz des Berliner Vertrags auf große 
 
	        
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