60 Dao densche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 9.—12.)
ihrer Vernehmung bearbeitel und denselben nachher die stenographischen Be-
richte corrigirt habe. Richter hebt hervor, daß die Regierung Hrn. Serlo, der
sich in ceinem Briefe für die Wiedereinführung der Eisenzölle ausgesprochen,
von dem Vorsiy in der Enquête-Commission hätte enkbinden müssen. Serlo muß
sich auch ein Dementi seitens des conservatiorn Abg. von Wedell-Malchow
gLefallen lassen und zuletzt den Kampf gegenüber den vorgebrachten Thatsachen
aufgeben.
9. Febrnar. (Deuntsches Reich.) Auf Einladung des Aeltesten=
Collegiums der Kaufmannschaft zu Berlin und der Handelskammern
zu Frankfurt a. M., Hamburg und Leipzig treten in Verlin Dele-
girte der meisten deutschen Handelskammern zusammen. Die Be-
rathungen finden unler dem Vorsitze des Commercienraths Delbrück
statt und betreffen besonders solgende zwei Fragen: 1) die Ungulässig-
keit der Wiedereinführung des Princips der Zollpflichtigkeit aller
über die Grenze eingehenden Gegenstände, 2) die unbedingte Unzu-
lässigleit von Ausfuhrzöllen und Durchfuhr-Abgaben. Ungefähr
50 Delegirte der hauptsächlichsten Handelsplätze sind anwesend und
sprechen sich einstimmig und nachdrücklich in diesem Sinne aus.
Das Ergebniß ist als Zeugniß für die Stellung der entschiedenen
Freihändler zu zwei der wichtigsten schwebenden Fragen der Handels-
polilik von Interesse. Mehrere gemäßigt freihändlerische Handels-
kammern hatten die Betheiligung an den Verhandlungen abgelehnt.
II. Februar. (Preußen.) Abg.-Haus: beendigt die dritte
Lesung des Staatshaushaltsetats.
Die nationalliberale Fraction beschließt, dem Antrag Lanen-
stein zu nstimmen, worin die Ueberweisung eines Theils der Grund-
und Giebändesteuer an die Communen als vorzugsweise erwünschte
Verwendung etwaiger Ueberschüsse aus dem Reich neben einem Erlaß
an der Classen= und Einkommensteuer bezeichnet wird. Der Lauen-
stein'sche Antrag soll sofort in der Budgetcommission eingebracht
werden.
12. Februar. (Deutsches Reich) Eröffnung des Reichstags.
Thronrede des Kaisers.
„Geehrte Herren! Indem ich Sie willkommen heiße, drängt es Mich,
auch von dieser Stelle Meinen Dank für Gottes Gnade zu wiederholen, die
Mich in Gefahr beschirmt und von schweren Leiden geheilt hat. Ich spreche
zugleich meinem Sohne, dem Krouprinzen, nochmals Meine Anerkennung
seiner Führung der Regierungsgeschäfte aus und danke Ihnen, geehrte Herren,
für die Unterstüpung. welche Sie den verbündeten Regierungen gewährt haben,
um im Wege des Leiebes einer gegen die Grundlagen unseres
staatlichen und Culturlebens gerichteten Agitation Einhalt
u thun. Ich darf demnach auch für die Zukunft in gleichem Maße auf Ihre
Nitwirkung rechnen, soweit die peilung unserer sozialen Schäden sich als unvoll-
endet rebeeen sollte. Die verbündeten Regierungen berathen über die Mittel,