Das denische Reich und seine einzelnen Glieder. (März 7.) 97
wendige Correlat der Redefreiheit sei die straffreie Verössentlichung wahr-
heitsgetreuer Berichte. Die Vorlage sei viel rigoroser als das gemeine Recht,
auf welches der Reichskanzler so großes Gewicht gelegt. Der ursprüngliche
Entwurf habe ubggal das Gefühl der Demüthigung des Reichstages hervor-
gerufen, aber auch der vorliegende Entwurf irvoseine die Alterirung von
bwei Artikeln der Verfassung. Der Bundesrath habe hier wieder eine eigen-
thümliche freiheitsfeindliche Rolle gespielt. Der Reichskanzler habe von Er-
weiterung der Antonomie des Hauses gesprochen; dann aber habe der deutsche
Justizminister seine Intentionen iech- ausgeführt. Warum habe man dann
nicht einen Artikel in die Verfassung aufgenommen, welcher dem Reichstage
die Gerichtsbarkeit über seine Mitarbeiter gewährte: Die Anwendung des
gemeinen Rechtes auf parlamentarische Reden sei unmöglich. Redner pole-
misirt besonders gegen die Ausschließung und erklärt sich gegen jede Resolu-
tion auf Aenderung der Geschäftsordnung. Staatsfekretär Friedberg
wendet sich gegen einzelne Ausstellungen und Angriffe Hänel's. Der Ent-
wurf habe die autonomischen Befugnisse des Haufes allerdings stärken, aber
gleichzeitig dem Hause auch neue Pflichten aerlegen. wollen. Er nehme die
volle Verankwortlichkeit für den ganzen Inhalt des Gesetzes auf sich.
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man behaupten! könne, es sei nicht in die Rechte und Befugnisse des Haufes
eingegriffen. Der Entwurf habe allerorten ein Gefühl des Stannens her-
vorgerusen. Kein Präcedens aus einem constitutionellen Staate sei anzu=
führen. Er kritisirt die Motive nach verschiedenen Richtungen und vermißt
die Beibringung des Materials, welches es als unabweisbar erscheinen lasse,
zu so strengen Maßregeln zu greifen. Der Entwurf fei für seine Partei
unannehmbar und er beantrage, die zweite Berathung im Pleunm ww
nehmen. Gegenüber Stauffenberg erklärt Staatssecretär Frie
die Motive seien davon entfernt gewesen, der bcsherlgen Führung der H#l.
sidialgeschäfte einen Vorwurf machen zu wollen. Das Bedürfniß sei aller-
dings constatirt; er wolle indeß die vorgefallenen Ausschreitungen nicht ein-
zeln anführen. Redner hält die Behauptung aufrecht, daß das gedruckte
Wort in England dem gemeinen Recht unterworfen sei. Bebel (Sozial-
Democr.) tritt gegen die Vorlage auf: die Motive hällen Thatjachen und
Personen nur nennen sollen, dann würde die Unhaltbarkeit der Vorlage ein-
geleuchtet haben. Die Regierung wolle mit der Vorlage einfach die Sogzial-
demokraten aus dem Hause drängen und zugleich die Redefreiheit beseitigen.
Vor Gründung des deutschen Reiches sei in Preußen im #bgrordnetenhaufe
die Redefreiheit weit excessiver ausgeübt worden als jemals im Neichstag
Der Reichskanzler sei freilich confeguent, wenn er die Entfernung der Sonl.
demokraten aus dem Reichstage als Vervollständigung des Sozialistengesetzes
bezeichnete. Er erinnere daran, wie Bismarck gegen die Sozjialdemokraten
im Hause aufgetreten sei. Redner erörtert die Ausführung des Sozialisten-
geseges und meint, zur Entfernung der Sozialdemocraten hätte die Abände-
rung des Wahlgesezes besser gedient.
7. März. (Elsaß-Lothringen.) Landesausschuß: beschließt
folgende Motion betr. die Organisation des Landes:
„Der Landsausschuß, in Erwägung daß es sehr wünschenswerlh ist,
daß E saß-Lothringen eine constitutionelle Nepräsentativregierung und für
seine Landesvertretung das Recht der parlamentarischen Initiative erlange,
svricht den Wunsch aus: es möge Elsaß-Lothringen eine eigene Verfassung
als Bundesstaat mit dem Sitze der Regierung i in Straßburg und deren Ver-
tretung im Bundesrathe gewährt werden." Daß der Landesausschuß nicht
ohne Einverständniß mit den Reichstagsabgeordnelen des Landes und diese
Schulthess, Curop. Geschichtslalender Kx. d. 7