XII Allgemeine Chronik.
Vertrauenscommission. Die Bürgerschaft stimmt bei und wählt ge-
mäßigte Anschlußfreunde zu Vertrauensmännern, deren Mehrheit der
Eröffnung formeller Verhandlungen über die Bedingungen des even-
tuellen Zollanschlusses beistimmt.
29. März. [Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.] Reichsrath: der Finanz-
minister verlangt und erhält die Ermächtigung zur Aus-
gabe von 50 Mill. G. 5% Papierrente behufs Deckung des Deficits
von 1880.
31. ,, [Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Die Regierung Taaffe beschließt
die Zweitheilung der Universität Prag in eine deutsche und eine
czechische. Die Czechen sind zufrieden.
,, „ [Frankreich.] Die Regierung benützt die Einfälle der Krumirs aus
Tunis in Algerien, um Truppen an die tunisische Grenze vorrücken
zu lassen. Die Frage wird damit brennend.
1. April. [Deutsches Reich.] Reichstag: 1. Lesung des Unfallsgesetzes. Rede
des Reichskanzlers. Der Entwurf wird an eine Commission von 28
Mitgliedern gewiesen. Die Opposition gegen die Reichsversischerungs-
anstalt und gegen den Staatsbeitrag reicht offenbar bis tief in die
conservative Partei hinein. Gerade an diesen beiden Puncten ist aber
dem Reichskanzler sichtlich am meisten gelegen.
,, ,, [Oesterreich- Ungarn: Oesterreich.] Reichsrath: die Regierung bringt
eine Vorlage für Erbauung einer galizischen Transversalbahn, um
einer zweiten Forderung der polnischen Fraction zu genügen.
6. „ [Deutsches Reich: Bayern.] II. Kammer: die ultramontane Mehr-
heit derselben beschließt die Abschaffung des siebenten Schuljahrs.
,, „ [Deutsches Reich: Bremen.] Auch die Bürgerschaft von Bremen
wählt einen Vertrauensausschuß behufs Unterhandlungen über die
Freihafenfrage mit dem Reich. Dieselben kommen aber für Bremen
bis Ablauf des Jahres noch nicht in Fluß, da die Reichsregierung
erst die Hamburger Freihafenfrage gänzlich erledigen will.
,, ,, [Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.] Herrenhaus: lehnt die vom Abg.-
Hause nach der Forderung der Clericalen beschlossene Verkürzung der
Schulpflichtdauer mit 77 gegen 32 Stimmen im wesentlichen ab.
,, ,, [Italien.] Kammer: Debatte über die Vorgänge in Tunis, das
Ministerium Cairoli erhält ein Mißtrauensvotum mit 192 gegen
171 Stimmen und gibt seine Demission ein. Cabinetscrisis. Da
kein anderes Cabinet zu Stande kommt, so bleibt Cairoli doch wieder.
7. „ [England.] Unterhaus: Gladstone legt demselben die neue sehr libe-
rale irische Landacte vor.
7. u. 19. April. [Pforte — Griechenland.] Die Botschafterconferenz in
Konstantinopel notificirt Griechenland und der Pforte ihre Beschlüsse
bez. der Grenzfrage als „Entscheidung“ Europas. Beide fügen sich denselben.
8. April. [Deutsches Reich.] Reichstag: der Reichskanzler übermittelt
demselben eine Denkschrift über die staatliche Unterstützung der Han-
delsmarine in Frankreich zur Nachachtung.
,, ,, [Frankreich.] Senat: genehmigt den neuen Zolltarif im Einver-
ständniß mit der Kammer. Derselbe ist hochschutzzöllnerisch, befriedigt
aber die Schutzzöllner doch noch nicht ganz.
,, ,, [Italien.] Senat: genehmigt mit 115 gegen 8 Stimmen auch seiner-
seits die von der Kammer schon im vorigen Jahr beschlossene Be-
seitigung des Zwangscurses.