Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

106 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 18 -21.) 
des Diensteinkommens als Wohnungspreis anzunehmen und dem- 
gemäß zur Versteuerung zu bringen. 
18. März. (Bayern.) Der König genehmigt die Bildung 
eines Eisenbahnrathes von 25 Mitgliedern als berathende und be- 
gutachtende Behörde, welche nach Bedürfniß, mindestens aber jährlich 
zweimal, einberufen werden soll. Die Function ist unentgeltlich 
und Ehrenamt. 
19. März. (Deutsches Reich.) Die Unterhandlungen mit 
Oesterreich-Ungarn bez. eines Handelsvertrags gehen nur sehr lang- 
sam vorwärts. 
Jedenfalls gilt schon jetzt als ausgemacht, daß eine internationale 
Eisenbahntarif-Convention nicht zu Stande kommen wird, da Fürst Bismarck 
bestimmt erklärte, daß er sich bezüglich der Eisenbahntarife vollkommen freie 
Hand bewahren wolle. Dagegen verlangt Deutschland die Bindung einer 
möglichst großen Zahl von Tarifpositionen, um gegen die Erhöhung der 
österreichischen Zollsätze während der Vertragsdauer gesichert zu sein. Dem 
gegenüber geben die österreichisch-ungarischen Unterhändler im Namen ihrer 
Regierung die Erklärung ab, daß Oesterreich-Ungarn auf die Bindung einer 
größeren Anzahl von Tarifpositionen nicht eingehen könne. Weder die deutschen 
noch die österreichisch-ungarischen Vertreter machen übrigens jene Positionen 
namhaft, deren Bindung sie wünschen, beziehungsweise zugestehen. Bezüglich 
der Regelung der Viehausfuhr aus Oesterreich-Ungarn nach Deutschland wird 
ein Subcomité delegirt. 
20. März. (Deutsches Reich.) Die deutsche Seehandels- 
gesellschaft (Samoa) hat sich in eine Handels= u. Plantagegesellschaft 
ohne Garantie umgewandelt. 
21. März. (Deutsches Reich.) Zusammentritt einer Com- 
mission für Ausarbeitung einer einheitlichen Militärproceßordnung. 
Die Hauptschwierigkeit liegt darin, daß in Bayern die öffentliche 
Meinung entschieden an dem dort bestehenden öffentlichen Verfahren 
auch für Militärgerichte festhält, Preußen aber im Interesse der 
Disciplin für sich darauf nicht eingehen zu können glaubt. 
21—24. März. (Deutsches Reich.) Reichstag: dritte Lesung 
des Budgets für 1881/82. In der Generaldebatte bekämpfen sich 
Freihändler und Schutzzöllner wieder lebhaft, indem diese behaupten, 
daß die neue Schutzzollpolitik sich bewährt, Handel und Verkehr bereits 
lebhaft gehoben hätten, jene dagegen, die Schutzzollbewegung sei in 
Schlesien, am Rhein und in Westphalen schon im eclatantesten Rück- 
zuge begriffen. In der Specialdebatte führt beim Capitel „Ein- 
nahmen aus Zöllen und Verbrauchssteuern“ die Frage bez. der 
Kosten der Zolleinverleibung Altona's und der dießfällige Antrag 
der Budgetcommission zu einer sehr hitzigen Debatte: Enthüllungen
	        
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