Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Aug. 18— 25.) 231
Unzufriedenheit — existire solche wirklich oder nur vermeintlich — als
politische Verbrechen oder Vergehen im Sinne eines solchen Vertrages zu
betrachten ist und daß folglich Personen, die sich solcher Verbrechen oder Ver-
gehen schuldig gemacht haben, das Recht freier Zuflucht zu verweigern ist.“
18. August. (Preußen.) Der neuernannte Bischof Korum
von Trier trifft von Rom vorerst wieder in Straßburg ein. Bis
jetzt ist er eigentlich nur Missionsbischof, da ihn die preußische Re-
gierung noch nicht anerkannt hat.
19. August. (Deutsches Reich.) Der Reichskangler geht
zum Landaufenthalt nach Varzin.
20. August. (Preußen.) Der Finanzminister Bitter weist
die Stadt Altona mit ihrem Begehren nach einem abgegrenzten
Freihafengebiet wie in Hamburg rundweg ab. Die Stadt befindet
sich nach der Verständigung des Reichskanzlers mit Hamburg in einer
anerkannt sehr mißlichen Lage.
20. August. (Baden.) Die „Karlsruher Zeitung“ veröffent-
licht eine Erklärung der Regierung, welche die Gerüchte von einer
Erhebung Badens zum Königreiche dementirt. Solche Absichten
seien weder geschäftlich noch persönlich zur Sprache gebracht und den
Wünschen und Ueberzeugungen des Landesherrn sowie der Regierung
durchaus zuwider. Die Anschauungen, welche Karl Friedrich bei
Ablehnung der Königskrone einst geleitet, würden heute vom Groß-
herzog Friedrich als weises Vermächtniß bewahrt.
25. August. (Deutsches Reich.) Die vom Reichstag in
seiner vorigen Session bewilligte wirthschaftliche Abtheilung im
Reichsamt des Innern ist nunmehr besetzt. Director ist der wirk-
liche Geh. Ob.-Reg.-Rath Bosse mit 2 Räthen und einem Hülfs-
arbeiter. Der Abtheilung liegt die Bearbeitung der wirthschaftlich-
politischen Gesetze ob.
25. August. (Preußen.) Die evangelisch-lutherische August-
Conferenz in Berlin beschließt nach längerer Debatte über die Juden-
frage einstimmig folgende Resolntion:
„Die Conferenz erachtet die sich in weitem Umfange geltend machende
antijüdische Bewegung für den Ausdruck der in unserem Volke zum Durch-
bruche kommenden Erkenntniß des auf ihm von Seiten der jüdischen Bevöl-
kerung vielfach lastenden Druckes und der Zersetzung, mit welcher unser
Staats- und Volksleben durch den gegenwärtigen Einfluß der Juden auf
dasselbe bedroht ist. Sie beklagt aufs Tiefste die Rohheiten und Gewalt-
samkeiten, zu welchen dies hier und da geführt hat, sie ist aber noch schmerz-
licher bewegt durch die schwere Verschuldung des eigenen christlich-deutschen
Volkes, welche solche Stellung der Juden in ihm ermöglicht hat. Sie ruft
dasselbe auf, an ihrer Bekehrung mit aller Treue zu arbeiten, aber ebenso
eingedenk zu sein der großen Verantwortung, die Gaben und Gnaden, welche