248 FHNaos beuische Reich und seine rinjelnen Glieder. (Sept. 15.)
wichtig hinstellten. Das Resultat ist, daß der liberale Candidat
Geh. Commercienrath Delbrück mit 41 Stimmen gewählt wird,
während der conservative Candidat 2 Stimmen erhält.
15. September. (Deutsches Reich.) Wahlaufruf der na-
tionalliberalen Partei.
„Wir stehen vor Reichstagswahlen, welche für die fernere politische
Entwickelung unseres Baterlandes von schwerwiegendster Bedeutung sein wer-
den. Die nationalliberale Partei hat ihr Programm erst vor wenigen Mo-
naten in der Erklärung vom 29. Mai d. J. niedergelegt. Wir weisen auf
die Kundgebung zurück, welche wir in ihrem vollen Umfange beflätigen und
anfrecht erhalten. An der Spibe unseres Programms wird immer die Be-
theuerung unverbrüchlichster Trene zu Kaiser und Neich stehen. Je mehr in
den Parleikämpfen unferer Zeit der nationale Gedante oft getrübt erscheint.
um so mehr halten wir es für unsere Aufgabe, die ichwer errungene Einheit
unseres Reiches und Volkes gegen alle Anfechtungen zu schützen und unter
Achtung der verfassungsmäßigen Rechte der Bundesstaaten weiter zu ent-
wickeln. Wo es die Sicherheit und Festigkeit des Reiches galt, ist nie uern
Leblich die Hilfe der nalionalliberahn Partei angerusen worden. —
wir die nationalen Errungenschaften einer großen Zeit ungeschmälert zu bei
wahren und kräftig fortzubilden streben, so auch die freiheitlichen. Es ist
unsere feste Uebergeugung, daß eine nationale deutsche Politik dauernd
und heilbringend nicht zu führen ist im Gegensatz und Kampf
gegen die Bestrebungen eines maßvollen Liberalismus, wie er
in den breiten Mittelichichten unseres Volkes seine festen Wur-
zeln hat. Jeder Schmälerung der verfassungsmäßigen Rechte des Volkes
und seiner Vertretung, jedem Versuch, die Grundlagru unferes constitutio-
nellen Lebens zu verrücken, werden wir mit allen Kräften entgegentreten.
Ebenso werden wir jede Verkürzung unveräußerlicher und unentbehrlicher
Vechte des Staates in seinen Beziehungen zur Kirche und Schule abwehren.
Für die Wiederherstellung eines friedlichen Verhältnisses zwischen Staat
und Kirche sind wir bereit, mitzuwirken, wenn dasselbe ohne Preisgebung
der in hartem Kampfe errungenen Stellungen des Staates herbeigeführt
werden kann. — Die neue Gesehgebungsperiode des Reichstags wird wieder
in ganz hervorragendem Maße mit wirthschaftspolizeilichen Fragen sich zu
beschäftigen haben. Unsere Parkei wird auch in Zukunft den Grundfaßz per-
sönlicher Freiheit in Erwerb und Verkehr festhalten und gegen reactionäre
Angriffe vertheidigen. Immer von Neuem beslätigt die Erfahrung, daß
Zollfragen nicht zur Grundlage politischer Parteibildung gemacht werden
dürfen und daß die Verpflichtung auf eine eingige handelspolitische
Nichtung nicht zum Erfordernisse liberaler Gesinnung gehört. Weiteren
Auforderungen an die Steuerkraft des Volkes werden wir nur im Falle bes
dringendsten nachgewiesenen Bedürfnisses oder bei einem vollwerthigen Ersatze
durch gleichzeilige Stienererleichterungen und Steuerreformen, unter Aufrecht-
haltung eines gesunden Verhältnisses zwischen der directen und indirecten
Bestenerung. und unter Wahrung der constitutionellen Rechte der Volksver-
tretung zustimmen. — Den sozialpolitischen Fragen werden wir unfere
volle Theiluahme widmen und alle auf die geistige und materielle Wohlfahrt
der arbeitenden Classen abgielenden Vorschläge aufs sorgfältigste und mit dem
ehrlichen Streben poittioen Schaffens prüfen, gelreu der übernommenen Ver-
pflichtung, als wir der Staatsgewalt die Waffen gewährten, gewaltsame
Ausbrüche der sojialdemokratischen Bewegung niederzuhalten. Wir verlangen
aber, daß Fragen, welche an Ernst und folgenschwerer Bedentung alle an-