318 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Ende Dec.)
bahnverstaatlichung einen der bedeutendsten Vorgänge des modernen Wirth-
schaftslebens erblicken, und es ist erstaunlich, mit welcher Gewalt sich diese
Idee in den meisten enropäischen Ländern Bahn gebrochen hat. Die Ernte
des Jahres 1881 war mit Ausnahme einiger weniger Landstriche in Deutsch-
land eine durchaus zufriedenstellende, eine doppelt erfreuliche nach der Miß-
ernte des Jahres 1880. Auch die Länder, welche den Bedarf West-Europas
zu decken haben, lieferten ein sehr befriedigendes Resultat, wenn auch die
Ernte in Rußland nicht ganz die überschwänglichen Hoffnungen erfüllt hat,
die im Sommer gehegt wurden. Daß die Getreidezölle in Deutschland zu
bescheiden sind, um auf die Gestaltung der Preise einen maßgebenden Ein-
fluß zu üben, daß von einer Vertheuerung des Getreides durch dieselben
keine Rede sein kann, hat das verflossene Jahr wohl zur Evidenz erwiesen.“
Ende December. (Preußen.) Die Germanisirung der Pro-
vinz Posen schreitet langsam, aber stätig fort.
Noch in keinem der letzten zehn Jahre ist in derselben so viel pol-
nischer Großgrundbesih in deutsche Hände übergegangen, wie im Jahre 1881.
Polen haben von Polen 16 Güter mit zusammen 35,038 Morgen, Polen
von Deutschen 9 Güter mit zusammen 16,438 Morgen, Deutsche von Polen
dagegen 29 Güter mit zusammen 89,580 Morgen gekauft; es sind also in
diesem Jahre wiederum 73,142 Morgen polnischen Großgrundbesitzes in
deutsche Hände übergegangen. Und das geschieht, trotzdem die polnische
Presse nicht müde wird, ihren Cassandraruf ertönen zu lassen und darauf
hinzuweisen, daß das Polenthum in der Provinz durch das Loslösen von
dem unthte seine Lebenskraft verliere. Seit dem Jahre 1848 (also im
Laufe von 30 Jahren) ist mehr als eine Million Morgen Großgrundbesitzes
aus polnischen in deutsche Hände übergegangen. Bei den Reichstagswahlen
hat man von dieser Germanisirung der Provinz Posen freilich nichts gemerkt.