Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Lie Gesterreichisch= Magarissze Mesarchie. (Febr. 15—22. 329 
wurf zunächst sogar einen Ausfall in dem bisherigen Ertrage der Grund- 
steuer herbeiführen muß. 
Beginn der Debatte über den clericalen Antrag Lienbacher, 
durch eine Novelle zum Volksschulgesetze von 1869 den Landtagen 
die Vollmacht zu ertheilen, Ausnahmen von der achtjährigen Schul- 
pflicht zu statuiren. Die Schulpflicht soll durch den Antrag that- 
sächlich von 8 auf 6 Jahre herabgesetzt und zugleich den Landtagen 
in föderalistischem Sinne ein erweiterter Wirkungskreis ertheilt werden. 
Es fragt sich von vorneherein, ob für den Antrag nicht verfassungs- 
mäßig eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. 
15. Februar. (Oesterreich.) In den deutschen Provinzen 
des Reichs wird der 100fte Todestag Lessings in einer Zeit, da von 
allen Seiten gegen die deutsche Nationalität eingestürmt wird, mit 
großer Begeisterung festlich begangen. In Wien wird ein Fackelzug, 
der mit der Feier verbunden werden sollte, polizeilich verboten und 
ebenso die Absingung des Liedes „Deutsche Worte hör ich wieder“. 
15. Februar. (Mähren.) Das gecchische Geschrei über Unter- 
drückung und nach Gleichberechtigung findet in Brünn thatsächlich 
eine drastische Beleuchtung. Nach jahrelangem Drängen der czechi- 
schen Agitatoren ist dort endlich an einer Mädchen= und an einer 
Knabenschule eine czechische Parallelclasse eingerichtet worden. An 
diesem Tage sollte die Einschreibung der Schüler stattfinden. Allein 
es meldet sich kein einziges Kind. « 
15. Februar. (Croatien.) Landtag: nimmt nach Stägiger 
Debatte die Vorlage seiner Regnicolardeputation über die künftige 
Vertretung Croatiens im gemeinsamen ungarischen Reichstage mit 
überwältigender Mehrheit an. Die Vorbedingung für die Einver- 
leibung der Militärgrenze in Croatien ist damit erfüllt. 
22. Februar. (Oesterreich.) Reichsrath: die Regierung bringt 
eine Vorlage bez. Verstaatlichung der Elisabethbahn ein. 
r Motivenbericht entwickelt die allgemeinen — 
und Grunölagen des Gefetyentwurfes. Es wird, anknüpfend an das 
seb vom 14. December 1877 betreffeud die garantirten Eisenbahnen, de 
Aufrechthaltung der Staatsbahn= Feliie a tnothwewig dargestellt. Speciell 
wird die Nothwendigkeit, ein westliches Staatseisenbahnneh, bestehend 
aus der Kaiserin-Elisabethbahn, der ges Etan Rudolfbahn, den niederöster- 
reichischen Staatsbahnen, der Vorarlberger Bahn und der Arlbergbahn, zu 
bilden, um den großen Transitverkehr nach dem Westen zu beherrschen und 
den Einfluß der Tarifpolitik des Staates zu wahren, des Ausführlichen 
dargelegt. 
Sprachenausschuß: nimmt mit 14 gegen 9 Stimmen den An- 
trag des Grafen Hohenwart an, wonach die böhmische Sprachen-
	        
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