Frankreich. (April 26 — Mai 4.) 415
jedoch diese Souveränetät seit der Eroberung Algiers niemals an-
erkannt.
26. April. Die Frangosen besetzen die Insel Tabarca. Die
tunisischen Truppen hatten die Jusel doch vorher verlassen. Der
Bey protestirt.
27. April. Die Franzosen besehzen Kef in Tunis. Die
Truppen des Bey räumen die Stadt. Der Bey protestirt.
28. April. Der Bey erschöpft sich in Protesten nach allen
Seiten, aber ohne Erfolg: England und namentlich Italien sehen
den Ereignissen, jenes mit unverhohlenem Argwohn, dieses mit ver-
bissenem Ingrimm, zu, bleiben aber unthätig: die Franzosen rücken
stetig vor.
30. April. Die Pforte anerbietet Frankreich ihre Dazwischen-
kunft bei dem „Pascha“ von Tunis, wie sie den Bey nennt, und
will den bekannten Cheireddin Pascha dahin schicken. Frankreich
protestirt aber gegen jede Einmischung der Pforte und auch der Bey
fürchtet sich vor einer solchen eben so gut wie vor derjenigen Frank-
reichs. Die Pforte läßt den Plan wieder fallen.
30. April. Der französische Ministerrath beauftragt Barth.
St. Hilaire mit dem Entwurf eines „Garantievertrags“", der dem
Bey zur Unterzeichnung vorzulegen wäre.
2. Mai. Die Franzosen besetzen Bizerta, ohne Widerstand zu
finden, nachdem die Truppen des Bey dasselbe geräumt haben.
Von Bizerta aus sollen die französischen Truppen ihre Operationen
mit denen des Generals Logerot combinieren, wodurch das Krumir-Gebiet
vollständig cernirt sein wird. Das auf dem Rückmarsche nach Tunis be-
hriffene Corps Ali Bey' hat, entgegen dem Versprechen des letzteren, eine
andere Marschroute eingeschlagen und ist in Bescha eingezogen. In der
Stadt Tunis herrscht große Gährung und ist die Stellung des Bey eine
schwierige. Die Häupter des arabischen theologischen Instikuts sollen be-
schlossen haben, die Fahne des heiligen Kriegs gegen die Ungläubigen auf-
zupflanzen. Aus dem Innern des Landes strömen forkwährend zahlreiche
Araber nach der Hauptstadt. Die Polizei des Bey will ein Complott ent-
deckt haben und nimmt Verhaftungen und Haussuchungen vor. In Paris
ist man mit der Lage sehr zufrieden. Die Operationen, findet man, werden
Fewandt und nach einheitlichem Plane geleitet; die gewonnenen Nesultate
einer engen Cernirung der Krumirs in ihren Bergen und einer gleichzeitigen
Besetzung aller strategischen Puncte von Tunis seien befriedigend und ge-
eignet, auf den bisherigen tunifischen Feldzug mit einer gewissen berechtigten
Genugthunng blicken zu lassen. Die Regierung hofft, den am 12. Mai
wieder näusammen kuelinden Kammern eine vollendete Thatsache vorlegen
zu kön
4. Mai. Die Franzosen besetzen auch Bescha, ohne Wider-
stand zu finden.
Schulthess, Europ. GSeschichtskalender. XXII. Bd. 29