464 Frankreich. (Nov. 4—14.)
4. November. Albert Grävy, der Bruder des Präsidenten,
gibt endlich seine Demission als Generalgonverneur von Algier ein.
Er wird durch Hrn. Tirman ersetzt. General Saufsier bleibt neben
ihm als Oberbefehlshaber der Truppen.
5—9. November. Kammer. Große Debatte über die tuni-
sische Expedition.
Das Ergebniß der viertägigen Redeschlacht ist ein sehr mäßiges. Die
Kammer will weder von der von Clémenceau beantragten Enquete etwas
wissen, noch auch zur einfachen Tagesordnung übergehen; schließlich beschließt
sie dem Antrage Gambetla's gemäh, die Erbschaft des Proteckoratzvertrages
vom 12. Mai loyal festzuhalten. Damit hat sie die Ziele der Expedition
gebilligt, ohne einen Ausspruch i über deren Führung und über alle Beweg-
gründe zu derselben zu thun. Die vorige Kammer hatte der Expedition und
dem Protectoratsvertrag zugestimmt, das Votum der jehigen Kammer steht
auf der KAeichen Linie; von allem Anderen ist aber in dem Beschluß abge,
sehen. Das Ministerium Jules Ferry tritt ohne einen Tadel ab, aber d
ganze Tenor der Debatte und der ihr gefolgten Abstimmungen ist. für da 7t
selbe keineswegs erfreulich. Seine Dimission gleicht einer Capitulation, aber
einer Eupitulation ohre Kriegsehren. Am schlechtesten kommt der Kriegs-
minister Farre weg: es wird constatirt, daß von 18 Armeecorps nur 7 in-
tact geblieben sin int also im Nothfall mobilisirungsfähig wären. Allein
das wäre noch das mindeste. Es ist vielmehr klar zu Tage getreten und
wird auch von allen Seiten zugegeben, daß die ganze französische Armee-
reform, für welche die Kammern Millionen und Millionen bewilligt haben,
sich beim ersten Versuch als noch jehr mangelhaft bewiesen hat und daß
Frankreich sich mit Deutschland entschieden noch nicht messen
könnte.
10. November. Das Cabinet Ferry gibt nunmehr seine Demission
ein. Grevy nimmt sie sofort an und beauftragt Gambetta mit der
Neubildung des Cabinets.
11. November. Kammer: der Kriegsminister verlangt einen
Supplementarcredit von 28 Millionen für Tunis und die Kammer
bewilligt ihn auch. Es wird indeß ziemlich allgemein angenommen,
daß damit die wirklichen Kosten des letzten Feldzugs in Tunis noch
lange nicht gedeckt seien.
14. November. Das neue Ministerium Gambetta ist gebildet.
Doch ist es nicht das allgemein erwartete „große Ministerium"“:
Gambetta hat sich mit Ferry, Freycinet und Léon Say nicht ver-
ständigen können oder nicht verständigen wollen, und das Cabinet
ist schließlich lediglich aus seinen nächsten Freunden zusammengesetzt,
von denen er für seine Plane jedenfalls keinerlei Opposition zu
fürchten hat. Die Enttäuschung über diesen Ausgang ist ebenso
groß l# allgemein.
ne#e Ministerium ist, wie folgt, zusammeneseh Ministerpräsi-
dent und Miniser des Aeußern Léon Gambetta; Inneres Waldeck-Rousseau;