Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

470 Stalien. (April 6 — Mai 6.) 
wo noch ein bekrächtliches Deficit staltfand, ist Italien nun zu dem gegen- 
wärtigen Ueberschusse gelangt. Während man früher Domanialgüter ver- 
kaufen und Anlehen machen mußte, um die Bedürfnisse zu decken, amortisirt 
man jeht einen Theil d er Schulden mit den gewöhnlichen Einnahmen Das 
definitive Budget für 1881 schließt mit einem Ueeberschusse, von 15 Millionen 
ab. Dieser Ueberschuß ist geringer als der von 1880 in Folge der ge- 
ringeren Ergebnisse der Mahlsteuer und in Folge des aus Vorfcht gegenüber 
dem Jahre 1880 niedrigeren Voranschlags gewisser Einnahmen, der jedoch 
hoffentlich überschritten werden dürfte. 
6—7. April. Kammer: Interpellation und Debatte über die 
Vorgänge in Tunis. Ministerpräsident Cairoli gibt eine vertrauens- 
selige Erklärung ab. Damiani (Crispi) beantragt ein Mißtrauens- 
votum. Dasselbe wird mit 192 gegen 171 Stimmen angenommen. 
Cairoli gibt seine Demission ein. Die Stimmung ist in ganz Italien 
eine sehr erregte, vielfach geradezu erbitterte. 
8. April. Senat: genehmigt auch seinerseits die Vorlage der 
Regierung für Beseitigung des Zwangscurses mit 115 gegen 8 
Stimmen. 
8—19. April. Cabinetscrisis: Weder Depretis vermag ein 
neues Ministerium aus sämmtlichen Chefs der Linken, noch Sella 
von der Rechten ein solches aus dem gemäßigten Theile der Rechten 
und der Linken zu Stande zu bringen, so daß der König schließlich 
genöthigt ist, die Demission Cairoli's einfach nicht anzunehmen. 
28—30. April. Kammer: Interpellationen über die Cabinets- 
crisis. Cairoli läugnet die Demüthigung des Landes in Tunis und 
betont die Einigkeit der Linken behufs Durchführung der Reformen. 
Schließlich ertheilt die Kammer der Negierung eine Art Vertrauens- 
votum mit 262 Stimmen gegen 1 und 146 Enthaltungen. 
6. Mai. Kammer: schließt die Generaldebatte über die Wahl- 
reform. „Erllärung Depretis Namens der Regierung. 
ie Regierung ist gegen das allg. Stimmrecht: bei den Zuständen 
der stalienischen Landbevölkerung würde dasselbe Hunderte von Stimmen 
in Eine oder wenige Hände legen. Grundlage für das Stimmrecht muß 
die Intelligenz und der Besitz bleiben. Aber beiderlei Anforderungen sind 
durch die Vorlage auf ein so niedriges Maß beschränkt, daß man sagen 
kann: Alle haben das Stimmrecht, die es wollen. Die Regierung acceptirt 
das von der Commission beantragte Steuerminimum (von 19 Lire 80 Cent.), 
welches weniger als die Hälfte des bisherigen beträgt; aber sie kann ein ge- 
ringeres nicht zugestehen. Bezüglich der Bildungsauforderungen hatte die 
Regierung den Standpunct der vierten Elementarclasse beantragt, mit der 
man weder auf der Rechten noch der Linken sich zu befreunden scheint. Die 
Regierung ist geneigt, sich auch mit weniger zu begnügen und bez. der An- 
#hrigen der Armee mit dem Entlassungszeugniß der Negimentsschule. 
bistenserntinium habe ich schon in dem Entwurf von 1878 verlangt. 
brauchen nach der Reform das Listenscrutinium, um nicht eine ländliche und 
 
	        
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