Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Kabland. (März 26 — April 9.) 507 
Thronfolgers wird der Großfürst Wladimir zum Regenten, die 
Kaiserin zur Vormünderin ernannt. 
26. März. Centralasien: General Skobeleff, der Eroberer von 
Geok Tepe, wird zur Beruhigung Englands zurückberufen und 
General Rorberg an seine Stelle ernannt. 
27. Märg. Feierliche Beisetzung der Leiche des ermordeten 
Kaisers. Der deutsche Kaiser hat dazu den Krouprinzen abgesandt. 
In der Bevölkerung tritt vielfach eine schreckenerregende Gleich- 
gültigkeit und daneben unverholener Deutschenhaß zu Tage. 
3I. März. Der Kaiser befiehlt behufs Wiederherstellung der 
vollständigen Sicherheit der Residenz durch Ukas die Errichtung 
eines zeitweiligen Raths aus Gewählten der gesammten Bevölkerung 
von Petersburg, welche dem Stadthauptmann zur Seite gestellt 
wird und an den Verathungen über die Ergreifung von Maßregeln 
Theil nimmt. Jeder der 228 Stadtbezirke wählt einen Vertreter. 
Um indeß jede Wahlagitation abzuschneiden, soll die Wahl noch am 
gleichen Tage (31. März) erfolgen. 
Anfang April. Man nimmt allgemein an, daß ein von dem 
ermordeten Kaiser hinterlassener Entwurf zu einer europäisch ge- 
formten Verfassung seilher den wichligsten Gegenstand der Berath- 
ungen der Minister bilde, daß die Annahme der besonders vom 
Grafen Loris Melikoff vertretenen Ideen bereits gesichert sei und 
auch der junge Zar seine aufänglich widerstrebende Haltung ge- 
ändert habe. 
5. April. Großfürst Nikolaus Constantinowitsch, der älteste 
Sohn des ältesten Bruders des ermordeten Zaren wird wegen slaats- 
gefährlicher Umtriebe festgenommen und internirt. 
6. April. Baron Nicolai wird an Stelle Saburow's zum 
Unterrichtsminister ernannt. 
7. April. Graf Ignatieff, der frühere Botschafter in Kon- 
stantinopel, wird zum Domänenminister ernannt. 
7—10. April. Proceß gegen die Kaisermörder. Als Staats- 
procurator fungirt Murawieff, der die umfangreiche Anklageacle 
verliest. Die Verhandlungen sind öffentlich, und die Angeklagten 
benützen die Nachsicht der Richter, um sich ihres Verbrechens zu 
rühmen und für ihre Bestrebungen Propaganda zu machen. Sämmt- 
liche Angeklagte werden zum Tode durch den Strang verurtheilt. 
9. April. Großfürst Nicolaus, der Oheim des Kaisers, geht 
ins Ausland.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.