530 Bnlgaritn. (Mai 25 Sept. 12.)
suche meine Hoffnungen; Bulgarien ist heute discreditirt nach außen und
desorganisirt im Innern. Tieser Zustand erschütterte im Volke den Glauben
an die Gerechtigkeit der Gesehze.“ Der Fürst theilt weiter mit, er habe den
General Ehrenroth mit der Bildung eines provisorischen Cabinets bis zur
Entscheidung der großen Versammlung beauftr ragt. „Weun diese die Be-
dingungen ratificirt, welche unentbehrlich für die Regierung sind, die ich
angeben werde und deren Nichtvorhandensein der Grundfehler des sehigen
Zustandes ist, will ich die Krone behalten. Da meine Aufgabe ist, das
Glück des Landes zu fördern, betrachte ich es als meine heilige Pflicht
feierlich zu erklären, daß der cegemwörtige Zustand die Erfüllung dieser
Aufgabe unmöglich macht. Auf Grund der Constitution beschloß ich, eine
Versammlung als Organ des höchsten nationalen Willens einzuberufen und
ihr die Krone mit den Geschicken Bulgariens zurückyustellen. Wenn der gegen-
wärlige Zustand sich nicht ändert, bin ich entschlossen, den Thron zu ver-
lassen, mit Vedauern, aber mit dem Bewußtsein, meine Pflicht bis ans
Ende gethan zu haben. “
25. Mai. Der Fürst richtet ein Schreiben an den Minister-
präsidenten, worin er in drei Artikeln den Umfang der Gewalten
bezeichnet, welche er für die Führung der Regierung als unerläßlich
erachtet. Die Nationalversammlung solle einfach wählen zwischen
Genehmigung der Artikel oder seiner Abdankung.
Nach Art. I wird der Fürst auf sieben Jahre mit außerordentlichen
Gewalten zur Einführung neuer Institutionen wie eines Staatzraths, zur
Herstellung von Verbesserungen in allen Zweigen der inneren Perwallung
und zur Sicherung eines geregelten Geschäftsgangs ausgerüstet. Nach Art
wird die gegenwärtige Session der ordentlichen Matibnalbersammlung *
dirt. Das für das laufende Rechnungsjahr votirte Budget hat auch für das
folgende Gesetzeskraft. Art. 3 verleiht dem Fürsten das Rech!, vor Ablauf
der sieben Jahre die große Nationalversammlung zur Revision der Verfassung
nach Maßgabe der neugeschafsenen Inslitutionen und der dabei gemachten
Erfahrungen einzuberufen.
Anfang Juni. Die Radicalen organisiren eine lebhafte Agi-
tation gegen den Staatsstreich des Fürsten. Processe gegen die
Führer der rodicalen Partei. In mehreren Städten wird der Be-
lagerungszustand verkündet. Der Fürst bereist das Land, um für
seine Bestrebungen Stimmung zu machen.
26. Juni. Wahl der Mitglieder der sog. großen Versamm-
lung. Das Refultat ist der Art, daß der Fürst unter allen Um-
ständen auf eine große Mehrheit für seinen Staatsstreich rechnen kann.
13. Juli. Die große Versammlung nimmt in Sistow die
Bedingungen des Fürsten einstimmig an. Proclamation des Fürsten
an das Volk. Bildung eines neuen Ministeriums: Stoikoff, Aeußeres,
der russische General Kriloff Krieg, Oberst Remelingen Inneres,
Jeleskowic Finanzen, Theocharoff Justiz.
12. September. Der Fürst erläßt an seinem Geburtstage
eine Amnestlie.