Ueberichl der polilischen Exlwichlung des Jahres 1881. 621
aus. Bemerkenswerth war es auch, wie vorsichtig und schonend,
gang anders als in Deutschland, sich die römische Curie gegenüber
diesen Vorgängen verhielt, was sich so ganz leicht doch nicht erklären
läßt. Ohne Zweifel ging übrigens Frankreich in seinen Maßregeln
vielfach entschieden zu weit. Ein Rückschlag wird früher oder
später kaum ausbleiben.
Ob sich die Republik in Frankreich im Jahre 1881 auf die
Dauer befestigt hat, ist schwer zu sagen. Ihre größte Stärke liegt
in der Schwäche ihrer Gegner. Die alte Monarchie ist todt und
begraben und ihre von Jahr zu Jahr abnehmenden Anhänger
widmen sich einem Cultus der Bergangenheit, für den die Gegen-
wart gar kein Verständniß mehr hat. Der bonapartistischen Partei
aber sehlt es an einem fähigen und anerkannten Haupt, so daß
sie ganz von selbst mehr und mehr aus den Fugen geht. Die
Republik hat nur mehr sich selbst, die eigenen Mißgriffe und
Thorheiten zu fürchten. Für diesen Fall freilich steht der Cäsarismus
in dem Bewußtsein der Frangosen drohend im Hintergrunde, wobei
es durchaus nicht gesagt ist, daß der Cäsar nothwendig im Hanse
Bonaparte gesucht werden müßte.
Daß Großbrittannien von den verschiedenen Verwickelungen Groß-
des Jahres 1881 in und um Europa nicht unberührt bleiben brit-
konnte, versteht sich von selbst, hat es doch mehr auswärtige
Interessen zu wahren als irgend ein anderes Land; aber sie
mußten alle vor der irischen Schwierigkeit unbedingt zurücktreten.
Mit den Boeren von Transvaal wurde ein billiger, jedoch nach den
verschiedenen Niederlagen der englischen Waffen nicht ganz rühmlicher
Friede geschlossen; aus Afghanistan wurden die englischen Truppen
noch vor Ende des Jahres gänzlich herausgezogen und das Land
völlig sich selbst überlassen; zu der Eroberung von Tunis durch
Frankreich schwieg England, da es ihm daran lag, mit Frankreich
zusammen seine viel bedeutenderen Interessen am Nil zu wahren;
und in der griechisch -türkischen Gränzfrage unterzog es sich der
vermittelnden Leitung des deutschen Reichskanzlers, während es sich
damit begnügte, die früher so lebhaft betriebenen Reformen der
Türkei in Armenien nicht ganz fallen zu lassen und die Fortschritte
der Russen in Mittelasien aufmerksam zu beobachten. Die Zu-
stände Irlands nahmen das ganze Jahr hindurch die Sorge und
die Thätigkeit der Regierung, des Parlaments und der öffentlichen
Meinung so zu sagen ausschließlich in Anspruch. Und was war
Schultbess, Gurop. Geschichtslalender. XXII. Bd. 40