Allgemeine Chronik. XIII
20. Febr. (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Das Herrenhaus beschließt eine
sog. „Volksschulgesetznovelle“, welche in Wahrheit ein von dem gelten-
den Gesetz prinzipiell und jundamental verschiedenes Volkeschulgesetz
ist, indem es die Rückkehr zur konfessionellen Schule anbahnt und zu-
gleich wenigstens halb vollzieht und serner die 8jährige Schulpflicht
virtuell anfhebt und thatsächlich wieder zur 6jährigen zurücktehrt.
Galizien wird um der Ruthenen willen von dem Gesetz ganz aus
genommen. Die Bischöfe sind mit demselben noch nicht zufrieden sind
verlangen prinzipiell für die Zukunft die reine Konjessionsschule unter
ihrer Aussicht wie zur Konkordatszeit. Die ultramontane Partei ist
inzwischen damit vorerst zufriedengestellt.
21. [Deutsches Reich.] Bundesrat: erteilt der Berordnung betr. Ver-
bot der Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten ameri-
kanischen Ursprungs einstimmig seine Genehmigung.
[ Frankreich.) Nachdem die Prinzenfrage erledigt d. h. nichts zustande
gekommen ist, übernimmt Ferry die Bildung eines neuen Kabinets.
Die Mehrheit der Minister und die wichtigsten unter ihnen gehören
der Fraktion der Union Républicaine und dem engeren Kreise der
Gamnbettisen an, die somit entschieden zur Gewalt gelangen.
22. „ [Deutsches Reich: Preußen.] Abg.-Haus: genehmigt mit größter Mehr-
heit die Anträge der Steuerkommission bez. Beseitigung der 2 untersten
Klassenstenerstufen und die Resolution betr. anzubahnende Reform des
gesamten direkten Steuersystems. Die Regierung scheint damit im
Prinzip nunmehr einverstanden zu sein.
23.„ (Griechenland.] Beratung des Budgets für 1883 die Regie-
rung Trikupis erklärt eine Reduktion der Ausgaben und Steuern
für unmöglich und die Aufrechterhaltung der auf militärischem Ge-
biete getrossenen Maßnahmen für absolut notwendig. Die Rammer
genehmigt das Budget und die von der Regierung geforderten neuen
Steuern mit einer Mehrheit von ca. 40 Stimmen.
25. [ Frankreich.) Die orleanistischen Prinzen von Aumale, Chartres
und Alengon werden, auf ein Gesetz von 1834 gestützt, durch Dekret
aus der aktiven Armee entlassen.
26. „ [Deutsches Reich.] Der Rücktritt des Kriegeministers v. Kameke
ist nunmehr Thatsache und das Bedauern darüber ein allgemeines.
27. " 2. März. [Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Reichsrat:
Generaldebatte über das Budget für 1883. Die Deutschen ergreifen
die Gelegenheit, ihrer verbitterten Stimmung über die Zustände und
gegen das Ministerium Taaffe schärfer als noch nie Ausdruck zu geben
und verweigern ihrerseits die Bewilligung. Polen, Czechen und Ultra-
montane schließen dagegen wie alljährlich für die Bewilligung ihr
Handelsgeschäft mit der Regierung ab.
28. „ [Deutsches Reich: Hamburg.] Bürgerschaft und Senat haben
sich untereinander und mit dem Reichskanzler über den Kanalbau
behufs Eintritt in die Zolllinie geeinigt. Die Gesamkkosten betragen
106 Mill. M., woran das Reich 40 Mill. beiträgt.
3. März. [Deutsches Reich.] Reichstag: der Finanzminister Scholz er-
klärt sehr bestimmt, die Regierung werde das Streben nach 2jährigen
Etatsperioden nicht aufgeben.
8Frankreich.] Der Senat genehmigt mit 216 gegen bloß 4 Stim-
men ein Gesetz, das die französische Instiz in Tunis organisiert und
das Protektorat Frankreichs in der ehemaligen Regentschaft gegen die
Sonderrechte (Kapitulationen) der Mächte verwirklichen soll.