Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Aug. 11—22.) 115 
später in die Kadettenanstalt ausgenommen und in der deutschen 
Armee praktisch ausgebildet werden sollen, in Berlin an. 
14. August. (Bayern.) Der Ministerpräsident Lutz verfügt 
als Kultminister, daß von den in München bestehenden vier Simul- 
tanschulen zwei in katholisch-konfessionelle umgewandelt werden sollen. 
Die Verfügung ist eine schwerwiegende Konzession an die ultramon- 
tane Partei, die ultramontane Mehrheit der II. Kammer und die 
ultramontane Mehrheit beider Gemeindekollegien Münchens, deren 
Ansturm indes dadurch doch nicht beschwichtigt werden wird. Die 
letztere versucht statt des Fingers sofort die ganze Hand zu fassen. 
Soweit will aber die Regierung doch nicht gehen und lehnt alle 
weiteren Begehren ab. 
15. August. (Baden.) In Offenburg tagt die altkatholische 
Landesversammlung. Es sind 31 Gemeinden durch 130 Delegierte 
vertreten, auch Bischof Dr. Reinkens und Generalvikar Dr. Knoodt 
aus Bonn sind anwesend. Unter dem Vorsitz des Staatsanwalts 
Fieser werden sämtliche Beschlüsse mit Stimmeneinhelligkeit gefaßt 
und verschiedene Resolutionen aufgestellt, welche bekunden, daß die 
Altkatholiken trotz mancher schimmen Erfahrungen den Mut nicht 
sinken lassen. 
16. August. (Deutsches Reich.) Nach dem Vorgange Frank- 
reichs schickt auch die Regierung des deutschen Reichs eine Kom- 
mission zur Untersuchung der eigentlichen Natur der Cholera unter 
der Leitung des Geh. Rats Koch nach Ägypten. 
19. August. (Deutsches Reich.) Taufe des zweiten Urenkels 
des Kaisers, zweiten Sohnes des Prinzgen Wilhelm. Einer der Pathen 
ist der König von Rumänien, der zu der Feierlichkeit eigens nach 
Berlin und Potsdam kommt. Auf dem Wege trifft er mit seinem 
Ministerpräsidenten Bratiano zusammen, der ihn bis nach Breslau 
begleitet, aber nicht bis Berlin, sondern von Breslau nach Bukarest 
zurückkehrt. Der König besucht seinerseits nach Berlin auch Wien. 
21. August. (Deutsches Reich.) Behufs Ratifikation des 
spanischen Handelsvertrags beruft die Regierung doch unerwartet 
den Bundesrat und den Reichstag auf den 27. und 29. d. M. ein. 
22. Angust. (Deutsches Reich.) Die „Nordd. Allg. Ztg." 
sieht sich veranlaßt, den Frangosen offiziös wieder einmal einen sog. 
kalten Wasserstrahl zu applizieren. 
Derselbe lautet: „Im deutschen Reich wird verhältnismäßig selten 
und meist nur flüchtig und oberflächlich von dem rastlosen Kriege Kenntnis 
genommen, welchen in Frankreich die Presse aller Parteien in den mannig- 
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