Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Tez. 1# 20.) 171
zu liegen, daß Rom die Hauptstadt Italiens sei und bleiben solle:
von einer Wiederherstellung irgend einer weltlichen Herrschaft des
Papstes, dem A und O der römischen Kurie, ist keine Rede mehr.
Der Kronprinz ladet im Auftrage des Kaisers die königliche Familie
zu einem Besuche in Berlin ein und diese nimmt die Einladung an.
Der Besuch soll im künftigen Frühjahr erfolgen.
16. Dezember. (Preußen.) Der „Reichsanzeiger“ veröffent-
licht eine Anweisung, welche die Minister des Innern und für
Handel und Gewerbe bezüglich der Ausführung der Krankenversiche-
rung der Arbeiter erlassen haben.
17. Dezember. (Deutsches Reich.) Erklärung des Exekutiv=
komites der deutschen sozialistischen Arbeiterpartei (Bebel, Liebknecht
und Vollmar) beg. der Internationale.
Die Erklärung ist an die in Paris domizilierten deutschen Sosialisten
gerichtet und spricht das Bedauern aus, daß die deutsche sozialistische Partei
nicht zu der von der französischen Arbeiterpartei organisierten internationalen
Arbeiterkonferenz eingeladen worden ist, und protestiert zugleich gegen gewisse
Beschuldigungen von Mäßigung. Der Schluß lautet: . .. Die deutschen
Sozialdemokraten haben immer und jeder Zeit, wo Gefahr zu laufen war,
das gethan und werden es auch ferner thun, was die Prinzipien des Sozia-
lismus ihnen zu thun gebieten. Unsere französischen Brüder können über-
zeugt sein, daß weder die Polizei des Hrn. v. Bismarck noch die des Hrn.
Ferry, noch irgend eine andere uns einen einzigen Augenblick unsere Pflichten
einer internationalen Partei werden vergessen machen.“
18. Dezember. (Preußen.) Der Bischof von Kulm sendet
die Dispensgesuche für die Geistlichen an den Kultusminister ein.
Die aus drei Diözesen noch fehlenden Nachweisungen sollen später
nachgesandt werden.
20. Dezember. (Deutsches Reich.) Bundesrat: beschließt
die Erhebung einer möglichst zuverlässigen, auch die Ursachen der
Verarmung umfassenden Armenstatistik, die vom 1. April 1884 bis
zum 31. März 1885 ausgenommen und bis zum 1. Juli an das
kaiserliche statistische Amt eingesendet werden soll.
20. Dezember. (Deutsches Reich.) Großes Aufsehen macht
ein Artikel der offiz. Nordd. Allg. Ztg.
welcher, offenbar im Auftrage der maßgebendsten Stelle, versichert,
das neuliche Auftreten des Ministers v. Puttkamer in der Wahlrechtsfrage
sei in jeder Beziehung der Zustimmung des Reichskauzlers gewiß, ja auf
ausdrückliche Anweisungen desselben zurrückzuführen. Aufs bestimmteste wer-
den die Bemerkungen des Ministers bestätigt, daß die preußische Regierung
sich die Frage vorlegen müsse, ob die geheime Abstimmung bei den Reichs-
tagswahlen beizubehalten sei. Andrerseits wird aber auch betont, das all-
gemeine gleiche Wahlrecht sei durchaus nicht gefahrdet. vielmehr sei der Reichs-
kanzler zu einer Ausdehnung desselben auf die Landtags= und Kommunal=
