Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

Die Oefsterreichisch-Augarische Monarchie. März 5.) 187 
Gelegenheit, ihrer verbitterten Stimmung über die Zustände und 
gegen das Ministerium schärfer als noch nie Ausdruck zu geben. 
Die Opposition erklärt denn auch zum voraus, das Budget ihrer- 
seits als Mißtrauensvotum gegen die Regierung verweigern zu 
wollen. Die Regierung betont dagegen die Besserung der wirtschaft- 
lichen Zustände, wenn auch das Defizit sich allerdings nur nach ge- 
raumer Zeit werde bewältigen lassen und ihre Partei sucht gleich- 
falls die wirtschaftliche Gesundung Oesterreichs und die Aktivität 
seiner Handelsbilanz nachzuweisen. 4 
Anf. Märg. (Oesterreich.) Wie bisher immer in der Ara 
Taaffe machen die Cgechen vor der Bewilligung des Budgets ihr 
kleines Handelsgeschäft mit der Regierung. Die Einbringung eines 
Kredits für die Aktivierung der chechischen Universität Prag und die 
übernahme einer Anzahl bisher slädtischer, czechischer Mittel= und 
Gewerbeschulen auf den Staat hat sie bereits fest zugesagt; die 
czechische Transverfalbahn ist soviel wie gesichert und die Auflösung 
des böhmischen Landtags, in dem bei einer Neuwahl den Czechen 
durch den Großgrundbesitz die Majorität zum voraus gesichert ist, 
wird ihnen bestimmt in Aussicht gestellt. Auch die anderen föde- 
ralistischen Parteien sind soviel wie abgefunden: für die Polen ist 
das Geschenk der Kleinigkeit von 75 Millionen Gulden an ihre 
Grundentlastungsschuld bereits eingebracht und die Klerikalen sind 
im Begriff, den von ihnen geforderten Kaufpreis, die Schulnovelle, 
einzuheimsen. 
3. März. (Oesterreich.) Reichsrat: der czechische Abg. 
Gabler, Direktor einer höberen Töchterschule in Prag und trotz 
seines deutschen Namens und seiner demnach wohl deutschen Ab- 
stammung ein Czechischer Heißsporn, plandert gelegentlich der Spezial- 
beratung des Budgets das Geheimnis vieler Gesinnungsgenossen aus, 
indem er von der Versöhnungemission der Regierung und ihrer 
Mehrheit und von der nationalen Unduldsamkeit der Deutschen spricht und 
dabei ausruft: „Die deutich-nationale Partei weist die Hand der Versöhnung 
zurück und will im äußersten Notfalle mit Hilse des mächtigen deutschen 
Reiches ihre nationale Herrschaft behaupten, auch wenn darüber Oesterreichs 
Großmachtstellung und am Ende Oesterreich selbst zu Grunde gehen sollte. 
Wenn die Deutschen in ihrer Unduldsamkeit beharren, dann kritt doch noch 
eine Ratastrophe ein, dann kommt es noch vielleicht dazu, daß die 80 Mil- 
lionen Slaven mit den verbündeten Franzosen die 40 Millionen 
Deutschen niederwerfen.“ 
5. Märg. (Oesterreich.) Reichsrat: Im weiteren Verlauf 
der Spezialberatung des Budgets bringen die Ruthenen auch wieder 
ihre zahlreichen Beschwerden über ihre Unterdrückung durch die Polen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.