Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

284 Großbrilannieu. (Dez. 11 — Ende.) 
vorschlagen wird, die Schillingsteuer auf Wein von 26 auf 30 Grade 
auszudehnen. Dieses Abkommen bleibt bis zum Abschluß eines 
endgiltigen Handelsvertrags in Kraft. 
II. Dezember. Großes Bankett in der Rotunde zu Dublin 
unter dem Vorsitze des Lordmayors, um Parnell den Nationaldank 
Irlands in Gestalt einer für ihn gesammelten Summe von nahezu 
38,000 Pfd. St. zu überreichen. Der landesübliche erste Toast auf 
die Königin unterbleibt und wird vielmehr durch einen solchen auf 
„Irland als Nation“ ersetzt. Dann folgt der Toast auf Parnell, 
der darauf erwidert: 
Die Sache des Volkes mache Fortschritte, freilich langsame infolge der 
Zwangeherrschaft, aber wenn das Volk nur Geduld habe, werde es bei der 
nöchsten allgemeinen Parlamentswahl siegen. Bei der nächsten Wahl werde 
irische Volk zu entscheiden haben, ob ein Tory= oder ein liberales Mini- 
arir in England herrschen soll. Wenn Irland sich nicht selber regieren 
lönne, werde es zum wenigstens im stande sein, zu bestimmen, welche Partei 
die englische Nation beherrschen solle. Dieses Vermögen habe es schon zuwege 
gebracht, daß Irlands Einschluß in die geplante Ansdehnung des Stimm- 
rechte gesichert sei. „Hoffentlich“, so lautet der Schluß, „wird diese Gene- 
ration von Irländern nicht untergehen, bevor sie ihren Nachkommen das 
große Geburtsrecht nationaler Unabhängigleit und Wohlfahrt vermacht hat."“ 
12. Dezember. General Lord Wolseley hält gelegentlich einer 
Verteilung der Preise an ein Freiwilligen-Bataillon eine Rede, in 
der er meint: 
Er glaube nicht an einen allgemeinen Frieden, und wer nicht kräume, 
müsse einfehen, daß in Europa ein großer Krieg im Anzuge sei, auf den sich 
alle Bölker mit ihren beständigen Rüstungen vorbereiten. Von England sage 
man, es sei keine militärische Nation; in der That aber seien die Engländer 
das kriegerischste Volk der Welt. das keinen Vergleich mit allen anderen 
Bölkern zu scheuen brauche. Keine andere Nation führe so viele Kriege wie 
England; keine andere Nation habe so viele glänzende Waffenerfolge auf- 
zuweisen. England müsse sich aber auf den kommenden Krieg vorbereiten, 
indem es mit seiner gegenwärtigen Macht nicht entscheidend auftreten könnte. 
Ein entscheidendes Wort werde es aber, wie immer, zu sprechen haben, und 
es. gelte darum das para bellum. Von größter Bedeutung sei in dieser 
Richtung die große Armee der Freiwilligen, deren inniger Zusammenhang 
mit der aktiven Armee möglichst gefördert werden müsse. — Auf dem Kontinent 
ist man freilich nicht dieser Meinung. 
Ende Degember. (Agypten.) Der Sudan ist vollständig 
in der Gewalt des Mahdi und seiner Anhänger, obgleich jener seit 
seinem Siege über Hicks Pascha unthätig in El Obeid weilt. Die 
zahlreichen ägyptischen Garnisonen sind von diesen eingeschlossen und 
allem Anschein nach unrettbar verloren. Agypten ist finanziell 
ruiniert und hat weder Geld noch Truppen, um den Sudan wieder 
zu erobern. Der Khedive erklärt England offen, daß er der gegen-