Rußland. Ende Jan. — Febr. 5.) 363
um das Teiizit einigermaßen zu bemänteln, unter die außeretatemaßigen
Auegaben gestellt worden. Dies ist die Erllärung, warum der Finanminister
in seinem Berichte den Ausschluß gibt, daß die Schwierigkeiten für die Finans-
verwaltung Rußlande hauptsächlich in den außeretatsmäßigen Aunsgaben und
in den Schwanlungen des Wechielkuries liegen. Diese anßeretatemäsigen
Ausgaben sind fast gänzlich für die Ausrüstung der Armee und die Umter-
haltung der Erpeditionen in die trans kankasischen Gegenden und an den
Grenzen Ghinas verwendet worden. Der Finanzminister versichert. daß diese
Ausgaben im J. 1882 um ein Dritteil vermindert worden seien. „Dennoch“,
fügt er binzu, „sind noch weitere bedentende Verminderungen dringend ge-
boten". Die andere Schwierigkeit ist nichte anderer, als die Verschlechterung
der Valuta. welche von der übertriebenen Ausgabe von Noten mit Zwangs:
lure herührt, deren Umlauf eine Gesamtinmue von mehr als I100 Mill.
Rubel- Sn hat, welche durch eine Varschaft von nur 170 Mill. gedeckt
ist. fortwährende Sinlen des Papierrubele ist ein sehr schlimmes Feichen
für die- Geldverhaltuifse und für die wirtschaftliche Lage NRußlands. In
der That ist der Getreideerport seit dem Herbst in ein bedenklicher Stocken“
geraten: offenbar kann er sich tronz der großeren Nähe nur schwer aufrecht-
halten gegenüber der amerikanischen Zufuhr, weil die Produktion= evehältuuisse
sich in Rußland im Vergleich mit Amerika noch in sehr primitiven Verhält-
nissen bewegen. Handel und Industrie klagen und der Finanzminister siellt
daher weitere Zollerhöhnngen in Auesicht. Für ein Land wie Rußland ist
das. Schutzzolliystem allerdings das richtige, aber es darf nicht übertrieben
werden und er ist sehr die Frage. ob es dier nicht bereite ist. Die Hoff-
nung des Finanzministers, im J. I## einer Anleihe entbehren zu können,
bewährt sich nicht: gegen Ende des Zahrer muß sich Rußland doch zu einer
solchen entschließen und zwar zu den drückendsten Bedingungen. Der Kredit
Rußlands an den europäischen Börsen steht offenbar auf sehr schwachen Füßen.
— Jannar. Das angebliche „Erekutivkomit“ der Nihilisten
richtet wieder einmal ein Memorandum an den Kaiser mit folgen-
den Forderungen:
15 Bewilligung und Konstitnierung einer ständigen Volksvertretung.
welche frei nach allgemeinem Stimmrecht und mil IZustruktionen ihrer Wähler
gewählt werden würde und vollständige Machtbefagnisse in allen den gesamten
Staat belressenden Angelegenheiten besien müßte. 2) Umfassende provinziale
Autonomie, welche durch die Wahl aller Beamten, durch die Selbständigkeit
der Bauerngemeinde, des Mir, und durch die ökonomische Unabhängigkeit des
Volkes sichergestellt werden müßte. 3) Selbständigkeit der Vauerngemeinde, des
Mir, als ökonomische und administrative Einheit. 4) Zugehörigkeit des Boden-
dem Volke. „5) System von Maßnahmen, welche bepvecken, alle Fabriken und
Werkstätten den Arbeitern Zu übertragen. 6) Vollständige Gewissensfreiheil.
volle Freiheit des Wortes, der Presse, der Zusammenkünfte, der Assoziation
und der Wähleragitation. 5) Allgemeiner Wahlrecht ohne irgendwelche Stände-
oder Vermögenseinschränkungen und 8) Umgestaltung der stehenden Armee in
eine Territorialarmee. C eristieren also in Rußland immer noch geheime
Druckereien und ist die revolntionäre Partei noch keineswegs vernichtel.
5. Febrnar — 10. März. Internationale Donankonferenz in
London. Rußland setzt in derselben eine vertragsmäßige Regelung
der Verhältnisse des Kiligarmes durch. Angenblicklich hat die Frage
noch keine allzugroße Bedentung, könnte sie aber mit der Zeit er-
halten (s. England).