3641 Ruhland. (Febr. 6 — April 9.)
6. Februar. Ein Manifest des Kaisers setzt seine feierliche
Salbung und Krönung in Moskau auf den 20. Mai d. J. an.
21. Februar. Durch den Tod des Metropoliten der römisch-
katholischen Kirche Rußlands, Fijalkowski, ist die Ausführung eines
lange gehegten Regierungsplaus näher gerückt, nämlich nach dem
Abgange Fijalkowskis zu seinem Nachfolger den bisherigen Suffragan-
bischof Gintowt in Plotzk zu bestimmen. Gintowt hat den Ruf ge-
mäßigter Gesinnungen und korrekter Führung in politischer Hinsicht
und gehört nicht zur ultramontan-katholischen Partei Polens.
25. Februar. Es wird eine neue Indenkommission unter dem
Vorsitze Makows eingeseßt.
Anf. März. In Kronstadt entleibt sich ein angeblich nihi-
listischer General namens Iwanoff.
2. März. Die Regierung beschließt, den Hafen von Poti, am
östlichen Ufer des schwargen Meeres, auszubauen. Die Arbeiten
werden 4 Jahre in Anspruch nehmen und sind auf 2,365,000 Rubel
veranschlagt.
13. März. Der Hof siedelt von Petersburg wieder nach
Gatschina über.
13. März. Der Geh. Nat und gew. Minister Makow ent-
leibt sich und sein früherer Untergebener, der Postdirektor Persiljew,
macht einen Selbstmordversuch. Allgemein glaubt man, daß beide
durch die Entdeckung von erheblichen Defekten in ihren früheren
Ressorts zu ihrer That gedrängt worden seien.
—. Märg. Während des ganzen Lehrjahrs haben in Warschau
arge Studentenunruhen stattgefunden, Zusammenrottungen, Beleidig-
ungen des russ. Kurators der Universität, Apuchtin, u. dgl. Die einge-
leitete Untersuchung ist jetzt beendigt: 139 Studenten werden relegiert.
5. April. Auf Anregung Pobedonoszews, des Oberprokura=
tors des hl. Synods, wird beschlossen, in der russischen Armee statt
der bisherigen Feldzeichen Fahnen mit den Vildern der Schutzheiligen
der betreffenden Regimenter einzuführen. Das Offizierkorps ist von
dieser Neuerung wenig erbant.
9.—20. April. Großer politischer Prozeß gegen 17 Mitglie-
der der 1880 bis 1882 entdeckten geheimen verbrecherischen Gesell-
schaft, welche sich die russische sozial-revolutionäre Partei oder die
Partei des „Volkswillens“ (wie auch das Organ derselben, die
Narodnaja Wolja, heißt) nannte. Dieselben werden sämtlich ver-
urteilt, 5 davon zum Tode.
