444 lebersicht der polilischen Enlwichelung des Jahres 1883.
seinem noch unsichern übergangszustande vielleicht noch mehr als
irgend einer seiner Alliürten. Durch die erneuerte Freundschaft
zwischen Rußland und Deutschland zu Ende des Jahres wurde der-
selbe auch zum Vorteil Oesterreichs nur noch gesicherter, wie auch
die Tripelallianz Oesterreich ganz besonders zu gute kommt, da es
seit derselben mit Italien auf dem besten Fuße steht und gegen
den Irredentismus und seine Umtriebe keiner besonderen Maßregeln
mehr bedarf. Auf die Probe gestellt wurde die Allianz im Laufe
des Jahres 1883 allerdings nicht. Die österreichisch-ungarische Re-
gierung hätte eine solche ohne Zweifel auch bestanden, für einen
und zwar erheblichen Teil des Reiches bleibt es dagegen fraglich.
Zwar haben in der Delegation auch die Czechen, Polen, Slovenen
und Klerikalen sich mit dem numerischen Eins nach außen zufrieden
gegeben und das Bündnis offiziell gutgeheißen; aber nur die deutsche
Partei im Reiche steht geheim wie öffentlich, laut und leise, mit
Herz und Hand entschieden auf Seite des Bündnisses und ist bereit,
alle Opfer für dasselbe zu bringen, sich vollkommen mit ihm zu
identifizieren; die flavischen Völker Oesterreichs haben dagegen jeder-
zeit aus ihrer Feindseligkeit und ihrem Haß gegen alles deutsche
Wesen kein Hehl gemacht und legen ihre Gesinnung bei jeder Ge-
legenheit dentlich genug an den Tag. Auf sie wäre jedenfalls kein
Verlaß, eine Erprobung aber unter allen Umständen für Oesterreich
noch viel gefährlicher als für Deutschland und vielleicht ver-
hängnisvoll.
Die innere Entwickelung Oesterreichs zeigt uns inzwischen im
Jahre 1883 genau dieselben Züge, wie sie die zuletzt vorange-
gangenen seit der Ministerpräsidentschaft des Grafen Taaffe aufge-
wiesen haben — ein langsames, aber unaufhaltsames Fortschreiten
der flavischen und reaktionären Elemente des Reichs und ein eben
so langsames und bis jetzt auch aussichtsloses Zurückweichen der
deutschen und liberolen Elemente.
Fort- Eine kurze Aufzählung der empfindlichsten deutschen Verluste
sshrite im Jahre 1883 genügt. In Böhmen und in Krain verloren die
Steen Deutschen bei den Nemvahlen zu den betreffenden Landtagen die
Majorität, über die sie bisher verfügt hatten und damit ihr übri-
gens mit großer Mäßigung ausgeübtes übergewicht. Die Regierung
stand aber in beiden Kronländern, trotz des zuweilen vorgenom-
menen, aber sehr durchsichtigen Schleiers einer gewissen Unpartei-
lichkeit, entschieden auf Seite ihrer Gegner, dort der Czechen, hier