Nebersichl der polilischen Eulwichelung des Jahres 1883. 451
über das Manifest hinwegsehen und ihn selbst der Lächerlichkeit, der
er ohnehin verfallen ist, überlassen können. Die Regierung glaubte
jedoch dem Grundsatz principis obstal folgen zu müssen, ließ ihn
verhaften und einen Prozeß auf Hochverrat gegen ihn einleiten.
Die Kammern und die öffentliche Meinung wurden dadurch in eine
lebhafte Aufregung bez. monarchischer Tendenzen förmlich hinein-
gerissen. Allein die ganze Angelegenheit verlief schließlich trotzdem
im Sande: die Anklagekammer faßte eine sogenannte ordonnance
de non lieu. worauf der Prinz sofort wieder auf freien Fuß ge-
stellt wurde, und die Kammern konnten sich über einen Beschluß
gegen die Pringen derjenigen Familien, die früher über Frankreich
regiert hatten, nicht einigen. Die Kammer war Aufangs sehr ge-
neigt, alle diese Prinzen einfach aus Frankreich zu verbannen, be-
gnügte sich indes späler mit der Forderung, daß die Regierung
jederzeit berechtigt sein solle, diese Maßregel über irgend einen dieser
Krinzen zu verhängen, ohne dabei irgend welche Beweise für die
Gefährlichleit desselben beibringen zu müssen. Der Senat glaubte
aber, daß solche Beweise doch unumgänglich wären und beharrte
darauf, so daß nach einem mehr als monatlangen Hin= und Her-
reden gar kein Beschluß zu stande kam und die Kammer selber die
Frage fallen ließ. Die Zeche bezahlten die orleanistischen Prinzen, Zie
von denen drei im altiven Militärdienste der Nepublik standen, jetzicrleaus.
aber auf Grund einer wieder herausgegrabenen Verordnung von
1834 durch Dekret des Präsidenten der Republik aus demselben
entfernt wurden. Im Grunde waren diese Prinzen bei der ganzen
Angelegenheit am allerwenigsten beteiligt und doch richtete sich die
Aufregung zumeist gerade gegen sie und nicht ohne Grund. Der
legitimistische Prätendent. Graf Chambord, war der harmloseste aller
nur denkbaren Prätendenlen und trotz alles Lärms seiner Anhänger in
Wahrheit persönlich ganz und gar nicht gefährlich; der bonapartistische,
Prinz Jerome, persönlich einfach lächerlich und wollte sogar von einem
Teile seiner eigenen Partei bei Seile geschoben werden. Persönlich
gefährlich waren in der That nur die Prinzen von Orleans, auch
nicht für den Augenblick, wohl aber für eine spätere Zukunft, wo
einer von ihnen und zwar zunächst der Graf v. Paris, nach dem
eventuellen Ableben des Grafen v. Chambord, an seine Stelle treten
würde. Denn diese Prinzen besitzen immense Reichtümer, mit denen
sich unter Umständen schon etwas machen ließe, sind außerdem
Männer von Geist und Bildung, was gar nicht geleugnet werden
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