Das deutsche Keich und seine einzelnen Glieder. (März 3.) 37
dings so unmäßig heraugezogenen Verbrauchssteuern öffentlich zustimmten
und gerade damit die gänzliche Aufhebung der untersten Stufen der Klassen-
steuer rechtfertigten. Mit Recht wird es von den Mittelparteien als ein
überaus. großer Gewinn für die Fortführung der gesamten Steuerreform und
die ganze fernere Entwicklung unserer finanziellen Gesetzgebung angesehen,
daß durch die unter Zustimmung des Finanzministers vom Abgeordneten=
hause gefaßten Beschlüsse zunächst der heftige Angriff der letzten Jahre gegen
jede ernste Heranziehung direkter Steuern glücklich abgeschlagen ist. Die Uber-
zeugung, daß ein starker Prozentsatz fühlbarer direkter Abgaben notwendig
sei zur verhältnismäßigen Belastung der besser gestellten Volksklassen und zur
Aufrechterhaltung des Gleichgewichte im Staatshaushalt bei den unabhängig
von dem Bedürfnisse schwankenden Erträgen der Betrieberwaltunge. und
indirekten Abgaben, hat gesiegt trotz aller Angriffe. scheint endlich auch
innerhalb der Regierung wieder mehr anerkannt zu werden daß die direkten
Steuern das „Rückgrat“ einer gesunden Finanggebarung abgeben müssen.
Und zugleich sind in einer auch von der Regierung nicht mehr bekämpften „Re-
solution“ des Hauses bereite bestimmte Wünsche und Zusagen bezüglich einer
notwendigen Wiederbelebung und Fortbildung des bestehenden Systems
unserer direkten Steuern festgestellt worden, auf welche wir ein sehr großes
Gewicht zu legen haben. Zunächst handelt es ich dabei um die Revision
und Fortbildung der bestehenden Personalstener. hat das Haus zu dem
Behufe die königliche Staateregierung aufgefordert, „in der nächsten
Session einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die Einkommen= und
Klassensteuer reformiert wird unter Beachtung folgender Hauptgrundsätze:
1) die Steuersätze sind mit dem geringen Einkommen fallend abzustufen der-
art, daß der Gesamtbetrag der den Steuerpflichtigen mit einem Jahrerein=
kommen von nicht mehr als 6000 .M zu gewährenden Erleichterungen nicht
hinter dem Gesamtbetrage der denselben durch das Gesetz vom 10. März 1881
gewährten Erleichterungen zurückbleibt; 2) die Berücksichtigung besonderer,
die Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Verhältniss bei der Veranlagung hat
in höherm Maße als bisher mindestens bis zu einem Einkommen von nicht
über 6000 M zu erfolgen: 3) durch veränderte Veranlagungsform ist die
gleichmäßige, dem wirklichen Einkommen entsprechende Veranlagung in höherem
Maße als bisher sicherzustellen und zu dem Ende vor allem zu dem Grund-
satz der Deklarationspflicht überzugehen.“ Man war, wenigstens in allen
Fraktionen der liberalen Seite des Hauses, zugleich wohl auch darüber einig,
daß der Betrag der direkten Personalsteuern „beweglich" gemacht werden
sollte, schon zur Beförderung einer gewissenhaften Deklaration; aber man hat
diese Forderung — zur bessern Vermeidung jedes Widerspruch- der Regie-
rung — in die Resolution für jetzt noch nicht ausgenommen. Das kann die
Presse nicht abhalten, ihrerseits ausdrücklich auch noch hierauf zu dringen.
Dagegen ist in die Resolution sofort noch die Forderung aufgenommen: „auf
die gleichzeitige höhere Besteuerung des Einkommens aus Kap- ital-
vermögen entweder im Rahmen der Einkommensteuer oder auf andere Weise
Bedacht zu nehmen.“ Diese letztgenannte Forderung entspricht besonders den
oft wiederholten Forderungen der Konservativen und ist bei richtigem Maß-
halten auch durchaus begründek, kann aber, unseres Bedünkens, nicht wohl
— Reform der Personalsteuer in genügender Weise ausgeführt
werden, sondern erst in dem folgenden Stadium der Reform des gesamten
Systems der direkten Stenern, d. h. im Zusammenhang mit einer gleich-
zeitigen Reform auch der Gewerbesteuer und der Grund= und Häusersteuer.
Das aber erfordert wohl noch eine geraume Vorbereitungszeit und kann für
die „nächste Session“ jedenfalls noch nicht erwartet werden. — Mit dem kon-
servativen Festhalten an der Fortbildung des deutschen Systems der direkten