Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (Jan. 21 113
welche die Deutschen unter den bestehenden Verhältnissen siellen konnten; er
verlange nicht einmal die gesetzliche Anerlennung der deutschen. Sprache als
Sprache des Parlaments, dort könne jeder Bolksstamm in seiner Sprache
reden, ja es sei eine zuweitgehende Bestimmung des ungarischen Gesetzes,
welches die ungarische Sprache als Parlamentesprache einführt. Mit Schmer-
gen, sagte Graf Wurmbrand, erkenne er es an, daß es numöglich jei, in
Oesterreich eine große liberale Partei auf nicht nationaler Grundlage zu er-
richten. Die Illusionen, welche er sich in der Beziehung gemacht, seien ge—
schwunden. Er stellt sich jetzt also auch vollständig auf den nationalen
Standpunkt. „Noch sind heute die nationalen Parkeien nicht gebildet, noch
stehen wir nicht alle auf deutschnationalem Boden. Lehnen Sie diesen An-
kusn ab, so ist sie gebildet, die deutschnationale Partei, und muß gebil-
et
Die Schlußabstimmung gestaltete sich sehr drastisch. Die moti-
vierte Tagesordnung Grocholskis (Rompeteng der Landlage in Angelegenheit
der Sprachenregelung — was der Nagel zum Sarge der dentschen Staats-
sprache wäre — und freiwillige Anerkennung der deutschen Sprache in ihren
gegenwärtigen Geltungsgebieten) wurde mit 174 gegen 167 Stimmen abge-
lehnt. Die Minister hatten sich vor der Abslimmmg entsernt Der gesamte
Coronini= Klub, ferner Lienbacher und seine beiden Genossen Fuchs und Neu-
mayr hatten mit der Linken gegen den Antrag Grocholski's gestimmt. Die
Verkündigung des Resultats wurde auf der Linken und auf den Galerien
mit Hänudeklatschen aufgenommen. Der einfache übergang zur Tagesordnung
über den Antrag Wurmbrand wurde sodann mit 184 gegen 157 Stimmen
ebenfalls abgelehnt. Diesmal stimmten anßer dem GCoronini-Klub und der
Fraktion Lienbacher auch die Mehrzahl der oberösterreichischen und nieder-
österreichischen Klerikalen, sowie der steirische klerikale Bauer Bärnfeind mit
der Linken, die übrigen steirischen, dann die tyrolischen Klerikalen stimmten
mit der Rechten. Das Votum der beiden Fürsten Liechtenstein wurde auf
der Galerie mit Zischen begleitet. Es folgte die Abstimmung über den An-
trag Schönerers (Ausschluß Galiziens und Dalmatiens von der Geltung der
deutschen Staatssprache). Es erhoben sich bloß Schönerer und Fürnkranz
dafür. (Große Heiterkeit.) Schönerer rief: Ich bitte, auch die Heiterkeit zu
protokolliren. Das wird für die Zukunft wichtig sein. (Neuerliche Heiter-
keit). Nunmehr gelangte der Antrag Wurmbrands zur Abstimmung. Die
Minister erschienen im Saal und wurden von der Linlen mit anhaltendem
höhnischem Gelächter begrüßt. Als beim Namensaufruf der Minister Du-
najewsti sein Votum gegen den Antrag Wurmbrands abgab, wurden auf
der Linken, sowie auf der Gallerie Nufe: Hör!! Hörl! Zischen und ironisches
Lachen laut. In noch viel heftigerer Weise wiederholte sich diese Demon-=
stration bei dem Votum des Ackerbauministers Grafen Falkenhayn. (Stür-
mische Rufe rechts: Freiheit der Abstimmung). Der Präsident, wiederholt
das Glockengeichen gebend: Ich bitte, meine Herren, doch die Freiheit der
Abstimmung wahren! (Neuerlicher Lärm und Zischen, Rufe rechts: Ruhel)
Präsident: Ich habe leine Disziplinargewalt, ich laun die Herren daher nur
ersuchen, den parlamentarischen Anstand zu wahren! (Lebhafter Beifall rechts.)
Schönerer (schreit): Beifall= und Mißfallsbezeugungen sind in jedem Parla-
ment gestattet. (Heftiger Widerspruch rechts, großer Lärm.) Präsident: Ich
rufe den Abgeordneten Schönerer zur Ordnung; er hat nicht das Wort und
hat keine Erklärungen abzugeben! Schönerer ruft noch einmal: Das ist in
jedem Parlament erlaubt! (Neuerlicher Sturm rechts.) Bei der Stimmen=
abgabe der übrigen Minister, welche zugleich Abgeordnete sind: Pino, Prazak,
Ziemialkowski, wiederholten sich die Demonstrationen, aber in stets schwächer
werdendem Grade. Der Coronini-Klub, die gesamte Rechte (mit Ausnahme