Die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie. (April 20 — Mai I.) 155
an und der Reichsrat fügt sich und genehmigt sie auch seinerseits
in dieser Fassung.
29. April. (Oesterreich.) Reichsrat: Die Regierung legt
demselben einen mit der Nordbahn abgeschlossenen Vertrag zur Ge-
nehmigung vor. Da die Aktien der Vahn als der weitaus einträg-
lichsten in Oesterreich sehr hoch stehen, glaubte die Regierung von
einer Verstaatlichung auch dieser Bahn Umgang nehmen zu müssen,
verlängerte vielmehr das Privilegium derselben durch den neuen
Vertrag um 50 Jahre und begnigte sich, dem Staat in demselben
sehr erhebliche Vorteile gegen bisher zu sichern. Die Genehmigung
durch den Reichsrat ist aber sehr zweifelhaft, da sich in der öffent-
lichen Meinung bereits eine heftige Agilation gegen den Vertrag
als völlig ungenügend und unannehmbar entwickelt hat.
29. April. (Ungarn.) Reichstag: erledigt das neue Gewerbe-
gesetz. Der reaktionäre Befähigungsnachweis ist in demselben auf-
genommen. Eine nicht unbedentende Minorität trat auch für Zwangs-
innungen ein; jedoch wurden nach langen Debatten schließlich doch
die im Entwurf vorgesehenen fakultativen Innungen beibehalten.
1. Mai. (Oesterreich-Ungarn.) Konferenzen in Wien be-
hufs Regelung des Arlbergverkehrs. Es sind dabei die süddeutschen,
die bedeutenderen österreichisch-ungarischen und Schweizer Bahnen
vertreten. Den Vorsitz führt Generaldirektor Böhm von den bayeri-
schen Staatsbahnen. In der Hauptsache wird eine volle Einigung
erzielt. An die Konferenz über die Teilung des Verkehrs zwischen
der Arlbergbahn und Bayern schließen sich unmittelbar solche der
am Berkehr mit der Schweiz beteiligten Bahnen und über den Ver-
kehr mit Frankreich.
1.—2. Mai. (Oesterreich.) Reichsrat: überweist die Vorlage
betr. Berlängerung der im Jahre 1886 ablaufenden Betriebskon-
zession der Kaiser Ferdinand-Nordbahn einstimmig an den Eisen-
bahnausschuß. Die Debatte ist eine stellenweise sehr erregte und
sogar heftige. Namentlich tritt v. Schönerer mit Leidenschaft für
die Verstaatlichung ein. Die Vereinigte Linke findet wenigstens die
Bedingungen viel zu günstig für die Aktionäre (Rothschild). Wäre
sie nur finanziell leichter möglich, so wäre ohne Zweifel die Mehr-
heit des Hauses für Verstaatlichung.
1. Mai. (Ungarn.) Tisza erklärt es einer Großwardeiner
Deputation von 108 Mitgliedern, die ihm die Kandidatur des Wahl-
kreises bei den bevorstehenden Reichstagswahlen aubietet, gegenüber