156 Dir Oeterrrichisch-Ungarische Monarchie. (Mai 4—8.)
als seine Aufgabe: „die Idee des Liberalismus zu schützen gegen
die Gefahren des Radikalismus und gegen jene Strömung, welche
Rückschritt heißt“.
4. Mai. (Oesterreich: Galizien.) Ein ruthenischer Parteitag
erklärt sich sehr energisch aber ohne Erfolg gegen die von der Re-
gierung im Einverständnis mit den Polen beschlossene Auslieferung
des ruthenischen Basilianerordens an die Jefuiten.
6. Mai. (Oesterreich.) Reichsrat: beschließt auf den Antrag
des Preßausschusses eine Resoluntion, welche die Regierung auffordert,
das sog. objektive Preßstrafverfahren nur dann in Anwendung zu
bringen, wenn keine bestimmte Person für den Inhalt einer Druckschrift
in strafgerichtlichem Wege verantwortlich gemacht werden kann.
In Bezug auf das Strafverfahren in Rrefsachen herrscht in Oester-
reich bekanntlich ein ganz merkwürdiges Prinzip, das sogenaunte „objektive
Verfahren“. Der Name kommt daher, daß sich n Behörde, wenn sie in
einer Druckschrift eine Gesetzesverleung sieht, nicht an deren Antor, den
Verfasser, Verleger, Redakteur 2c., sondern nur an das „Objekt“, die Druckschrift
selber, hält und diese konsisziert. Gegen dieses vieljach und namentlich in den
letzten Jahren mißbrauchte Prinzip hat sich die öffentliche Meinung längst
erklärt, und schon vor fünf Jahren brachte der Abg. J. Gregr einen Antrag
auf Abschaffung des objektiven Verfahrens ein. Nachdem die Sache in Aus-
schüssen, Subkomitee's und an allen möglichen Stellen bis zum überdruaß
erörtert, ist sie nunmehr durch die Resolution zu einem gewissen, aber nichts
weniger als befriedigenden Abschlusse gelangt, denn mit dieser Refolution
wird gar nichts bewirkt werden, indem sie wieder ziemlich alles der Diskre-
tion der Regierung überläßt, welche aus Anlaß dieser platonischen Kund-
gebung kaum ihr bisheriges Vorgehen auf diesem Gebiete ändern wird.
Der Budgetausschuß legt den Bericht über die 75-Millionen-
schuld Galiziens an den Staat vor.
Die Majorität des Ausschusses brantragt. die Annahme des von
der Regierung vorgeschlagenen übereinkommens, wonach die bis zum Jahre 1882
aufgelaufene Schuld Galiziens im Vetrage von 75,17 Millionen abgeschrieben
werden und vom Jahre 1883 ab bis 1897 eine nicht rückzahlbare Staats-
subvention im Betrage von 2,1 Millionen Gulden, sowie ein jährlicher, rück-
zahlbarer, unverzinslicher Staats zvorschuß von 325,000 Gulden gewährt wer-
den sollen. Dem Majoritätlsantrage sieht ein Minoritätsvotum gegenüber,
welches der Abg. Lienbacher im Namen einer Minorität von 12 Stimmen
(umeist der Linken) anmeldet, und welches den übergang zur Tagesordnung
7. Mai. (Ungarn.) Oberhaus: Beratung des Gewerbegesetzes:
selbst das Oberhaus spricht sich mit 50 gegen 30 Stimmen gegen
obligatorische Innungen aus.
8. Mai. (Bosnien und Herzegowina.) Auch der öster-
reichische Reichsrat genehmigt den Bau der Eisenbahn Mostar-
Metkovic.