Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Die Oefterreichisch-Angarische Monarchie. (Mai 20.) 150 
Rücksicht auf die Größe des Neßes aufgestellte Apparat von Oberämtern eine 
entsprechendere Ausnüpung, und zwar ohne jede Schädigung des Einflusses 
der Zentralverwaltung, ebensowohl verträgt als erheischt. Sowie also hieraus 
entnommen werden wolle, daß die Frage der Modisikation der bestehenden 
Organisation von hier ausgegangen ist, und daß eine solche bei der beden- 
lenden Ausdehnung des Neßes auch gar nicht hätte umgangen werden können, 
kann ich doch andrerseits auch die beruhigende Versicherung geben, daß seitens 
aller bei den betreffenden Beratungen intervenierenden Faktoren der Regie- 
rung siets das Vedürf#nis einer einheitlichen, den exacten Eisenbahndienst ver- 
bürgenden Zentralverwaltung anerkannt worden ist. Ich glaube demnach 
die zuversichtliche Erwartung aussprechen zu können, daß das neue Stalut 
die vielfach geäußerten Befürchtungen nicht rechtfertigen und vielmehr allen 
Ausprüchen genügen wird, welche an die Zentralstelle. eines Eisenbahnnetzes 
von 4000 bis 5000 Kilometer gestellt werden dürfen.“ 
20. Mai. (Ungarn.) Schluß des Reichslags und der Legis- 
lalurperiode. Thronrede des Königs. 
Die Thronrede spricht die königliche Anerkennung für die Thätigkeit 
des Reichstags aus, erwähnt die Einverliibung der Militärgrenze und hält 
die Zeit für nahe, wo die infolge der mit Mäßigung, wenn auch mit Ent- 
schiedenheit geübten Handhabung der Geseßze hergestellten normalen Berhält- 
nisse in Kroatien und Slavonien erstarken werden. Die Konversion des 
Rentenanlehens sei so weit vorgeschritten, daß deren baldige gängliche Durch- 
führung und hiedurch eine weitere Erstarkung des Kredits mit Sicherheit 
erwartet werden dürfe. Das finanzielle Gleichgewicht, wenngleich Anächst 
nmur im Etat der ordentlichen Ausgaben und Einnahmen hergestellt, sei eine 
Garantie und ein bedeutender Erfolg des festen Entschlusses der Nation, das 
Gleichgewicht vollständig zu bewerkslelligen. Die Aktivierung der Gendarmerie 
habe eine Besserung der allgemeinen Sicherheit bewirkt. Turch das Mittel- 
schulgeseh sei unter Schonung der konfessionellen Rechte in Betreff des Vil- 
dungswesens eine neue Garaulie geschaffen. Die Modifizierung des Gewerbe- 
gesehes bilde einen wichtigen Schritt zum Ansblühen der Industrie und des 
Wohlstandes. Die Thronrede, erwähnt die weiteren volks zwirtschaftlichen Ge- 
setze, sowie die im Interesse einer vollkommeneren Aunsbildung der Landwehr 
geschaffenen heilsamen Gesetze. Diese Geietze, sowie die im Interesse der 
Landesvertheidigung erwünschte Ergängung des Eisenbahnnebes, liefern un- 
zweifelhaft den Beweis, daß die ungarische Nation, ungeachlet ihres auf die 
Erhaltung des Friedens abzielenden Wunsches, opferwillig alles thut, um in 
Betreff der Sicherheit der Monarchie unter allen Umständen beruhigt fein 
zu können. Indem der König für diese Opferwilligleit seine wärmste An- 
erkennung ausspricht, gereicht es ihm zur Freude, darüber bernhigen zu 
können, daß jenes ausgezeichneke freundschaftliche Verhältnis, in welchem die 
Monarchie zu allen Staaten Europas stehe, den hinsichtlich der Erhaltung 
des Friedens genährten Hoffnungen volle Berechligung verleihe und so die 
sichere Aussicht vorhanden sei, daß die Bölker Ungarus sich auch in Zukunft 
mit Nuhe einer gesegneten Friedensarbeit werden widmen können. 
20. Mai. (Oesterreich.) Reichsrat: Der über die Bestechungs- 
geschichte Kaminski von ihm eingesetzte Ausschuß legt seinen Bericht 
. nebst einem Majoritäts= und einem Minoritätsantrage vor. Der 
erstere wird angenommen und dadurch beschlossen, die Sache fallen 
zu lassen. 
Auf die herrschende Trinkgelderwirtschaft wirit der Bericht immerhin
	        
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