Franbreich. (Febr. 19.) 243
gut zu stehen, worin er indes von der in der Kammer herrschenden
Strömung keineswegs unterstützt wird.
Februar — 18. März. Kammer: Fortsetzung der vor
mehreren Monaten begonnenen Debatte über den Gesetzentwurf Paul
Berts betr. den Volksschulunterricht und die Ernennung der Schul-
lehrer und Lehrerinnen.
Aus den Beschlüssen der Kammer können nur einige hervorgehoben
werden. Zunächst handelte es sich um die Stellung der Kongregationisten
in den Schulen des Staates und um das Gebot, neben dem Lehrberuf keinen
anderen Verus, als höchstens den eines Sekretärs der Mairie, nicht aber den
eines Kultusbeamten, Organisten oder Küsters zu bekleiden, — Fragen, bei
denen es sich nicht um Tod oder Leben des Miniferiim handeln konnte.
Indes erlilt die Regierung doch Zweimal eine kleine Niederlage. Im ersten
Fale verlangte der Unterrichtsminister Fallidres, daß man die Ausschließung
ei der Spärlichkeit der Lehrer aus dem Laienstande heute noch unent-
behrlahen Kongregationisten (es sind deren etwa 20,000 in französischen
Staaksschulen beschäftigt) nicht au eine bestimmte Frist binden solle, da man
ja nicht wissen könne, ob in vier, fünf oder sechs Jahren die neu gegründeten
Seminare wirklich geung Laienlehrer liefern würden und ob man daun genng
Geld habe, diese tenreren Lehrer zu bezahlen. Er wollte nur soviel zuge-
stehen, daß nach vier Jahren keine neuen kongregationistischen Lehrer mehr
angestellt werden dürften. Die Rammer aber entschied mit einer Majorität
von bloß 15 Stimmen, daß in Knabenschulen nach fünf, in Mädchenschulen
nach sechs Jahren kein Kongregationist und leine Kongregationistin mehr
unterrichten dürfen. Die übernahme des Amtes eines Organisten oder Küsters
der Kirche wurde den Lehrern streng untersagk. In der auderen Frage blieb
das Ministerium mit 196 gegen 285 Stimmen in der Minorität. Die Re-
gierung und die Kommission halten verlangt, daß die Lehrer nicht ohne
weiteres die Funktion eines Mairiesekretärs (Gemeindeschreibers) übernehmen
dürften, sobald der Gemeinderat sie dazu gewählt hat, sondern daß sie zuvor
den Akademie-Inspektor, den vornehmsten Unterrichtsbeamten des Departe-
ments, um Erlaubnis fragen müßten. Als Grund konnte der Sprecher der
Kommission nur das eine anführen, die Lehrer wären oft jroh, wenn sie das
lästige Amt nicht übernehmen müßten. Nach diesen Fragen kam die hoch-
wichtige Frage der Ernennung der Lehrer an die Reihe. Bisher wirkten die
universitäre Antorität des Inspeklors und die rein politische des Präfekten
zusammen bei dieser Ernennung. In dem neuen Gesetz soll das Eingreifen
des Präfekten, als Hauptvertreters der Zeutralgewalt in den Departementen,
aufs neue und stärker als bieher sanktioniert werden. Hiergegen wenden sich
nun einmal die Radikalen mit der Forderung, die Ernennung der Volks-
schullehrer den Gemeinderäten zu überlassen, wie dies in dem benachbarten
Belgien der Fall ist. So rationell diese Forderung ist, so wird sie doch von
den Vertretern der Majorität heftig bekämpft, weil sie dabei einen Einbruch
der Laicisierung der Schule voraussehen, da sie orthodox gesinnten Gemeinden
zutrauen, daß sie die Ernennung der Lehrer durch den Gemeinderat zur Em-
pörung gegen die Vorschriften über Laicisierung mißbrauchen würden. Aber
auch die Freunde und Vertreter der Universität, d. h. des streug gentrali-
sierten und unifizierten gesamten Erziehungswesens, sind gegen die Ernennung
der Lehrer durch die Präfekten, weil dadurch, was schon jeht thatsächlich der
Fall ist, die Lehrer zu politischen Agenten werden. Sie verlangen daher.
daß die Lehrer einzig und allein von der Erziehungsbehörde, 8 h. von dem