Allgemeine Chronik. XXXIII
außer allen Zweifel gestellt und das Gericht verurteilt Reinsdorff
und seine zwei Genossen zum Tode.
16. Dez. [Deutsches Reich.] Reichstag: Die radikal-ultramontane Mehrheit
sucht den Reichskanzler auch in seiner Kolonialpolitik möglichst zu
hemmen, indem sie die damit zusammenhängende Vermehrung der
Konsulate an der afrikanischen West- und Ostküste mit 132 gegen
124 Stimmen nur sehr teilweise bewilligt.
18. ,, [Kongo-Konferenz] einigt sich über eine Schiffahrtsakte für den Kongo
und den Niger, indem sie die Aufsicht über diesen Verkehr auf dem
untern Niger England, auf dem obern Frankreich überläßt.
20. „ [Deutsches Reich — Frankreich.) Ein Gerücht, daß der Reichskanzler
seine Gemahlin nach dem Süden geleiten und dabei einen Besuch in
Paris machen werde, erregt in der deutschfeindlichen Pariser Presse
einen wahren Sturm der Entrüstung, der eine solche Reise vorerst
allerdings noch nicht als geraten erscheinen läßt.
22. ,, [Kongo-Konferenz] kann sich über verschiedene Punkte noch nicht einigen
und vertagt sich auf den 5. Jannar 1885. Frankreich wünscht Zeit
zu gewinnen. um inzwischen einen vorteilhaften Vertrag mit der
Kongogesellschaft abschließen zu können.
„ ,, [Italien.] Kammer: Schluß einer 14tägigen Generaldebatte über
die Verpachtung des Betriebs der Eisenbahnen an drei große Gesell-
schaften, die von den Pentarchen und ihrer Partei aufs heftigste be-
kämpft wird, und Annahme einer Tagesordnung im Sinne der Re-
gierung mit 237 gegen 188 Stimmen.
24. ,, [Großbritannien.] Die Regierung veröffentlich auf einmal 3 Blau-
bücher zur Rechtfertigung ihrer Politik in Westafrika gegenüber der
deutschen Kolonialpolitik. Die öffentliche Meinung und die Presse
findet jedoch und gesteht es auch unumwunden ein, daß die Regie-
rung der überlegenen Diplomatie des Fürsten Bismarck einfach habe
weichen müssen.
„ ,, [Römische Kurie.] Der Papst hat während des ganzen Jahres in
allen seinen Allokutionen die Gelegenheit ergriffen, Italien aufs nach-
drücklichste anzugreifen und auf die Wiederherstellung seiner welt-
lichen Gewalt zu dringen, ohne jedoch viel Eindruck zu machen: ohne
einen völligen Umsturz der bestehenden europäischen Zustände ist eine
solche nicht möglich und gar nicht denkbar.
27. „ (Frankreich.] Kammer und Senat haben im Sturmschritt das Ein-
nahmebudget für 1885 bewilligt.
29. ,, [England: Aegypten.] Auf die neuen Vorschläge Englands bez, der
Finanzlage Aegyptens hat noch keine Macht geantwortet, indem alle
in dieser Frage Frankreich den Vortritt lassen wollen.
,, ,, [Frankreich.] Beide Kammern genehmigen die von der Regie-
rung vorgeschlagene Budgetbewilligung von einer Milliarde für das
erste Quartal 1885. Während dieser Frist haben die Kammern Zeit,
auch das Ausgaben- und das außerordentliche Budget zu beraten.
Ende „ [Deulsches Reich.] überall im Reiche bilden sich Komitees, um das
am 1. April 1885 bevorstehende vollendete 70. Lebensjahr des Reichs-
kanzlers würdig zu feiern und für eine große Bismarck-Stiftung zu
sammeln.
„ ,, [Oesterreich-Ungarn — Pforte.] Die Türkei verschleppt fort
und fort den Bau der Verbindungsbahn zwischen den türkischen und
Schulthess, Europ. Geschichtskalender. XXV. Bd. III