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daß die Stellung Italiens in der Tripelallianz sich von derjenigen
Lestrreich. und Dentschlands unterscheide und bekräftigt seine früheren Er-
tllärungen, daß Italien mit vollkommener Parität und Gegenseitigkeit der
Bedingungen in die Allianz eingetreten sei. Die Annäherung Rußlands an
Deutschland müsse trotz der Befürchtung gewisser Deputierter im Gegenteil
als ein Ereignis begrüßt werden, welches den Frieden, den Hauptzweck der
Allianz, nur noch besser zu verbürgen geeignet sei. Die Stellung Italiens
in Europa habe sich in diesem Jahre in allen Beziehungen gebessert und
werde sich noch mehr bessern, wenn die Kammer dem Ministerium ihr Ver-
trauen bewahre. Das Ministerium beabsichtige, auf dem bis Gekher innegehaltenen
Wege zu verharren
7. April. Kammer: Mancini erklärt bez. der Propagandafrage:
er könne in den judiziellen Teil der Frage nicht eingehen und ver-
weist auf die jüngsten Thatsachen, welche beweisen, daß die Freiheit der Pro-
paganda hinsichtlich des Erwerbs und der Veräußerung von Eigentum nie-
mals bestritten worden sei. Auch im Auslande könne sich die Propaganda
gewissen Taxen nicht entziehen; die Regierung hege für die Propaganda die
größten Sympathien! und habe stels den Missionären ihre ganze Unterstützung
angedeihen lassen. Die Exekutivgewalt könne ein richterliches Urteil nicht
umstoßen, dessenungeachtet wolle der Minister bei der Ausführung des Urkeils
alle mit dem italienischen Rechte vereinbarten Begünstigungen gewähren.
Biancheri (von der Rechten) wird mit 239 Stimmen gegen
126, die auf Cairoli fallen, und 24 unbeschriebene Zettel zum Präsi-
denten gewählt. Die Wahl wird für sehr bedeutfam angesehen;
man meint vielfach, daß im Falle einer neuen Ministerkrisis die
Rechte zur Macht gelangen könnte und sieht bereits ein Ministerium
Biancheri-Minghetti am Horizont auftauchen.
21. April. Die Regierung hat nunmehr mit den verschiedenen
Gesellschaften vorläufige Konventionen über die Verpachtung des
Betriebs des Mittelmeer-, des adriatischen und des süditalienischen
Eisenbahnnetzes abgeschlossen. Die Genehmigung derselben steht bei
den Kammern.
26. April. Eröffnung einer großen nationalen Ausstellung
in Turin in Gegenwart des Königs, der Königin und des Kron-
prinzen durch den Herzog von Aosta.
Anf. Mai. Kammer: Der Kriegsminister bringt einen Ge-
setzesvorschlag ein, der das jährliche Rekrutenkontingent von 65,000
auf 80,000 Mann erhöht.
Wie die italienischen Journale ausrechnen, wird durch die Annahme
dieses Vorschlages die Stärke der italienischen Feldarmee nach Abrechnung
aller Reibungsverluste auf 510,000, die Mlilizia mohile auf 200.000 Mann
gebracht, das heißt fast auf bie doppelte Zahl der Streitkräfte, über welche
Ilalien im Jahre 1870 verfügte.
16. Mai. Senat: Der greise Präsident desselben, Tecchio,
hält eine taktlose Gedächtnisrede auf den verstorbenen Dichter Prati,