Die Römische Kurie. (Jan. Auf. — Mitte.) 307
betrieb fordernde Resolution Luz#attis, endlich über die Tagesordnung
der Kommission. Der erste wurde mit 252 gegen 170 Stimmen,
die zweite mit 247 gegen 85 Stimmen abgelehnt, die letzte mit
237 gegen 188 Stimmen angenommen. Die Regierung hat also
mit einer Mehrheit von 10 Stimmen gesiegt. — Die Kammer ver-
tagt sich darauf bis zum 15. Jannar 1885. Dann soll in die
Spczialdebatte des Gesetzentwurfs eingetreten werden.
Ende Dezember. Bezüglich einer Kolonialpolitik hat die
Strömung total umgeschlagen. Die Regierung soll sich mit Eng-
land verständigt und ihre Augen auf das Nole Meer geworfen
haben. Troßdem die Offiziösen fortfahren, Italiens schon für die
nächste Zukunft in Aussicht genommenen Pläne im Roten Meere
in Abrede zu stellen, ist in Rom doch alle Welt von der wirklichen
Existenz derfelben überzeungt. Worüber man nicht einig, ist der
Name der Ortschaft, mit deren Besitznahme die Ausdehnung der
italienischen Kolonialpolitik auf der Ostküste des Noten Mreres be-
gonnen werden soll.
Die Nömische Kurie.
Anf. Januar. Die imposante Pilgerfahrt der italien. Nation
zum Grabe des Königs Viktor Emannels, des Vollziehers ihres Ein-
heitsdranges mit Nom als ihrer Hauptstadt unter dem Nufe: „Hier
sind wir und hier bleiben wir!“, dieses erneuerte, durchaus frei-
willige und von der ängstlichen italienischen Regierung eher gehemmte
als geförderte Plebiszit hat sich zu einem so klaren, entschiedenen
und selbstbewußten Willensausdruck der Nalion gestaltet, daß der
Kurie augenblicklich nichts anderes übrig bleibt, als zu verstummen.
Mitte Jannar. Der Ex-Jefuit L. Curci veröffentlicht seine
neue Schrift: „II Vaticano regio’ betitelt.
Die Schrift weist mit vielen geschichtlichen Beispielen nach, daß die
weltliche Herrschaft von jeher der „verzehrende Wurmfraß" der Kirche ge-
wefen sei. Ketzereien, die eine Handhabe zur Verurteilung der Schrift bieten
würden, sind in derselben nicht zu entdecken; der fromme und glänbige Ver-
fasser zeigt sich in jedem Worte von dem feurigen Wunsche erfüllt, die Brant
Christi, von irdischen Schlacken befreit, ihr gebührendes Ubergewicht über
die Seelen und Gewissen wieder erringen zu sehen; er will, mit einem Wort,
daß der oberste Seelenhirt sein Reich aus der inneren Überzeugung und den
religiösen Bedürfnissen der Menschheit erbaue, die unter der heutigen Ver-
wirrung und Verwilderung der Lehren und Sitten dringender seien und mehr
nach einer höhern Antorität shnachtten als jemals. Die Kurie antwortet darauf
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