Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

328 Helgien. (April 5 — Mai 8.) 
Nachbarn einnimmt. Die offiziellen Schulen hat die Ehictessomu istem, gut 
und bildungsfähig befunden; man zeigt überall den besten Willen, das zu 
leisten, was die „freien“, auf die Unterdrückung der Geistes freiheit verdareh 
Anstalten niemals erreichen können, aber auch nicht wollen."“ 
5.—9. April. Kammer: Große Debatte über den Bericht der 
Schul-Enquete-Kommission. Auf den Antrag Guillerys wird mit 
70 gegen 53 Stimmen beschlossen: 
Da die von der Schul-Enqnete-Kommission auss Lich gebrachten häß- 
lichen Thalsachen keine Verteidiger gefunden haben und da die Schul-Enquete 
dem Lande einen wichtigen Tiens geleistet, billigt die Kammer das Verhalten 
der Kommission und geht zur Tagesordnung über.“ Malon hatte dagegen 
im Namen der Rechten den Muran gestellt. daß die Kammer „das Verfahren 
und die Ausgaben der Schul- Enquete- Kommission bedauern möge“. Die An- 
griffe der klerikalen Opposition auf den Bericht waren zwar bestig aber doch 
sehr schwach. Deun die in demselben angeführten Thatsachen sind so schlagend 
und so vollständig, meist auch durch die Aussagen der Gegner selbst, und viel- 
fach beglaubigt, daß dagegen absolut nicht aufzukommen war. 
22. April. Senat: genehmigt das Kultus= und Unterrichts- 
budget mit 29 Stimmen gegen 13 und 8 Enthaltungen. 
Auf Grund durchaus zuverlässiger Schriftstücke und offenkundiger 
Vhatsachen macht Minister Bara folgende Mitteilung: Die vielgepriesene 
Opferfreudigkeit der klerikalen Partei für die Einrichtung freier Schulen ist 
leineswege eine freiwillige Vegeisterung, sondern die natürliche Folge von 
Drohungen und Zwangemaßregeln. Die Geistlichen werden von ihrem Bischof 
angewiesen, koste es was es wolle, um jeden Preis, sei es auch mit eigenen 
Opfern, wenn die Beichtkinder nicht zahlen wollen, Schnlen zu gründen. 
Gegenvorstellungen fruchten nichte; wer nicht gehorcht und nicht sofort eine 
Schule gründek, wird seines Amtes entseht, und es sind viele abgesetzt worden. 
Auf diese Weise sind die Schulen, mit denen die klerikale Partei so groß- 
thut, aus dem Boden gestampft worden, nur um den vom Staate einge- 
richteten Anstalten Abbruch zu thun. Daß die Eltern ebenfalls mit Droh- 
ungen gezwungen werden, ihre Kinder in diese neuen Schulen zu schicken, 
ist allbekannt. 
8. Mai. Kammer: lehnt einen Antrag auf Untersuchung 
über die in der toten Hand resp. im Besitze der Klöster befindlichen 
Güter mit 60 gegen 58 Stimmen ab. 
Von der Nechten fehlen bei der Abstimmung nur 3 Mitglieder, von 
der Linken dagegen 17 und von ihr stimmen 4 mit der Rechlen. Diese sicht 
gegen den Antrag hauptsächlich mit dem Prinzip der „Freiheit“". Goblet, 
der den Autrag gestellt, führte dagegen aus: daß Freiheit und Gesehlichkeit 
Hand in Hand gehen müßten; wie wenig sich aber die Geistlichkeit an die 
Vorschriften des Gesebes kehre, dafür führte er einige recht schlagende Bei- 
spiele an. Die Vorrechte, welche die religiösen Körperschaften im vorigen 
Jahrhundert noch gehabt, sind seit 90 Jahren aufgehoben und in Belgien 
weder 1815 noch 1830 wiederhergestellt worden. Die Verfassung spricht 
allen Staatsbürgern das Recht der freien Bereinigung zu, schließt aber jede 
Bevorrechtung aus. Als der Erzbischof von Mecheln (Prinz Men für 
religiöse und wohlthätige Körperschaften eine Stellung anßerhalb des 
meinen Rechts erwirken wollte, wurde er damit vom Nationalkongreß o 
5. Februar 1831 mit aller Entschiedenheit abgewiejen. Seitdem ist aber die
	        
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