Döuemark. (Nov. 19—20.) 351
Trotzdem hält er mit Hörup darau jeĩt, daß das Ministerium Estrup be—
seitigt werden müsse. Ist dem so, dann ist lein Gewinn für die Regierung
Estrup aus der Spalung der bieher vereinigten Linken zu erwarten.
19.—20. November. Folkething: nimmt die motivierte Tages-
ordnung der gemäßigten Linken, die Verhandlung aller Regierungs-
vorlagen zu sistieren, mit 63 gegen 18 Slimmen an. Konseils-
präsident Estrup erklärt, wenn die Opposition ihre Wünsche nicht
näher darlege, nötige sie ihn, auf seinem Posten zu verharren. Am
folgenden Tage beantragt die Linke, die Regierungsvorlage über
Arbeiterversicherung als durch die gestrige Tagesordnung, wonach
die Verhandlungen über alle Regierungsvorlagen sistiert werden
sollen, erledigt anzusehen. Ministerpräsident Estrup erklärt, er halte
nächst der Vorlage über die Landesverleidigung diejenige über die
soziale Reform für die wichtigste; die neue Form, die Vorlagen zu
begraben, verändere in keiner Weise die Silnation; er verlange ein
positives Programm. Der Präsidenl! des Folkethings vertagt darauf
die Sitzungen bis auf weiteres, da alle Beratungsgegenstände durch
die gestrige motivierte Tagesordnung erledigt seien und nichts neues
vorliege.
Es ist das ein förmlicher Parlamentsstreik, der das Kabinett
Estrup endlich zwingen joll, zurückulreten. Schon die 1. Lesung des Finanz=
gesetvorschlages fand in ganz anderer Weise als früher statt; denn während
sonst immer über den ganzen Zustand des Landes acht Tage lang und länger
hin und her gesprochen und unamentlich von Seilen der Opposition dem Mini-
slerium sein Sündenregister aufs ausführlichste vorgehalten wurde, ward dies
alles jetzt von einem einzigen Redner in einer guten Stunde besorgt. Kurz
und bündig sagte Graf Holstein dem Ministerium, daß es ihn wundernehme,
wie dasselbe ein so reichllches, auf Reformen aller Art abzielendes Budget
habe vorlegen wollen, da es doch selbst davon überzeugt sein müsse, daß alle
diese Dinge zu nichts führen würden. Und die Minister, die sonst immer
recht viel zu sagen hatten, schwiegen sämtlich still. Ließ sich aus dem Ver-
halten der Opposition bei dieser Gelegenheit erkennen, daß sie sich nicht auf
lange Verhandlungen mit dem Ministerium einlassen werde, so konnte man
doch nicht bestimmt wissen, in welchem Grade dies der Fall sein werde.
Darüber haben denn nun diese Tage genügenden Aufschluß gebracht. Es
war eine Reihe unbedentender Gesehvorschläge von verschiedenen Ministern
der zweiten Kammer vorgelegt und am 19. fand die erste Lesung des ersten
derselben statt. Sowie die Verhandlung eröffnet war, trat Hr. Boisen, einer
der Führer der O Opposition, auf und schlug nach einigen kurzen einleitenden
Bemerkungen folgende Tagesordnung vor: „Indem das Folkething nach den
Wahlen vom 25. Juni mit erhöhter Stärke daran festhalten muß, dah eine
Verhandlung mit diesem Ministerium über Reformen unnüh ist, geht das
Thing zur Tagesordnung über.“ Und damit keine Unklarheit darüber herr-
schen könne, ob vielleicht bloß die eine vorliegende Sache mit jener Tages-
ordnung gemeint sei, fügte der Redner hinzu, daß sich dasselbe bei jedem
von irgend einem Minister gestellten Vorschlage wiederholen werde. Das ist
nun allerdings dentlich genng, und heißt nichts anderes, als daß die zweite