Schweden und Uorwigen. (März I7 290.) 357
eine Weise, die den Grundsätzen einer unparteüüschen Nechtsprechung wider-
spricht. Ich sinde indessen unter den vorliegenden Verhältnissen, meine Pflicht
so auffassen zu müssen, daß ich am richtigsten handle und das Wohl des
Vaterlandes am besten fordere, wenn ich den Staateminister Selmer zurück-
treten lasse. Er hat selbst gewünscht, aus dem Rate auszuscheiden. Ich be-
stimme also. daß der Staatsrat Selmer von seinem Amte abtreten soll. Ich
bezeuge ihm meine gnädige und warme Anerkennung jür seine lange Amts-
thätigkeit und seine treuen Dienste.“
Diesem kgl. Dictamen sebt der (in seiner Mehrheit radikale)
Protokollausschuß des Odelthings folgende Sätze entgegen:
„1) Die Rechte und Pilichten des norwegischen Königs sind in der
Verfassung Norwegens festgestellt; seine Stellung als gleichzeitiger König
von Schweden verleiht ihm in Norwegen kein besonderes Recht und keine be-
sondere Pflicht: und 2) in der Unionsalte sind die Bedingungen für die Ver-
einigung Schwedene und Norwegens, unter einem Könige, aber mit Fvei selbst-
ständigen Verfassungen und Negierungen. ausgestellt; der öniglichen Sanktions-
rechtes gedenkt sie jedoch nicht mit einer Silbe.“ Die Einmischung des Unions=
lönigs in die norwegischen Verhältnisse wird vom Ausschuß mit Entschieden=
heit zurückgewiesen, ebenso die Einmischung der schwedischen Regierung.
Das Gutachten der schwedischen Regierung, welches der König
von ihr über den Einfluß der Union auf den norwegischen Ver-
fassungskonflikt eingefordert hat, geht dahin:
Wie Ew. Majestät auedrücklich erklärten, lann es keineswegs
den Milgliedern des schwedischen Staatsrates zukommen, Angelegenheiten zu
berühren. die nur norwegische Verhältnisse betreffen; unser Gutachten mußle
daher streug darauf beschränkt sein, die Bedeutung anzugeben. welche die vor-
liegende Frage in unioneller Hinsicht besint. Die in Rede stehenden Fragen
nun von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, so sind meine Kollegen und
ich ohne die geringste Meinungs zvexschirdenheit der Ansicht, daß
die Union voraussetzt und bedingt, daß Anderungen in der Verfafs-
sung Norwegens ebensowenig wie in der Schwedens ohne die Zustim-
mung und die Sanktion des Königs vorgenommen werden können, sowie
daß Norwegens bewajfuete Macht ebenso wie die Schwedens dem Be-
fehle des gemeinsamen Königs unterstehen soll.“
17. März. (Norwegen.) Das Reichsgericht fährt fort, die
Minister einen nach dem andern zu verurteilen. Die Urteile lauten
jedoch milder als gegen den Ministerpräsidenten Selmer. Nach Er-
wägung aller Verhältnisse beantragt der Ausschuß des Storthings,
weil die meisten schuldigen Minister schon abgesetzt seien, gegen die
drei letzten keine Anklage zu erheben, sondern nur eine Mißbilligung
ihres Verhaltens ausgusprechen.
20. März. (Norwegen.) Der König ernennt den Staats-
rat Bachke, dessen Sache vom Reichsgericht zuletzt behandelt werden
soll, zum provisorischen Staatsminister und ernennt zwei neue, wesent-
lich indifferente, Staatsräte (Minister).
29. März. (Norwegen.) Mit diesem Tage sind die Urteile
des Reichsgerichts gegen die Mitglieder des Ministeriums Selmer