ubland. (Febr. 12.) 365
acht Stunden dauern. Schulpflichtigen Arbeitern soll die Möglichkeit
gesichert werden, täglich mindestens drei Stunden dem Schulunterricht
beiwohnen zu können. Die Kontrolle üben unter einem Haupt-
inspektor Betriebsinspektoren und unter diesen wieder Gehilsen. Dem
Kontrollpersonal steht das Recht zu, jederzeit Einlaß in sämtliche
Fabriken zu verlangen.
12. Febrnar. Merw in Turkestan unterwirft sich „freiwillig“
Rußland. So ganz freiwillig schrint die Unterwerfung indes nicht
erfolgt zu sein. Die Besetzung der Oase ist ein für die Fortschrikte
Rußlands in dieser Richtung bedeutsames Greignis und erzengt in
England momentan eine gewallige Aufregung, die sich indes bald
wieder legt. Entscheidend ist es dagegen noch nicht. Gegenüber
Afghanistan und dem englischen Ostindien würde dies erst die Be-
setzung Herats sein, die noch nicht so nahe zu sein scheint, der aber
Rußland allerdings immer näher rückt.
Die Unterwerfung der Merw-Turlmenen wird vom Ches des Traus
kaspischen Gebietes, Generallientenant Komarow, in folgendem Telegramm
aus Askabad gemeldet: „Ich habe das GElück, Ew. kais. Maj. allerunter-
thänigst zu berichten: Heute haben in Aschlabad die Ehane von vier Stam-
men der Merw-Turkmenen und 24 MBevollmachtigte, von denen jeder von je
2000 Kibitken gewählt worden war, bedingungslos die Unterthauschaft
Ew. Maj. angenommen und dies durch einen für sich und dar gesamte Volk
von Merw geleisteten feierlichen Eid bekraftigt. Zu diesem GEntschlusse sind
die Turlmemen von Merv, wie die Chane und Bevollmächtigten erklärten,
durch die Erkenntnis gelangt, daß sie sich selbst zu regieren nicht vermöchten,
und daß nur Ew. Majestät slarke Negierung! Frieden und Wohlfahrt nach
Merw bringen und dort erhalten lann.“ Die Unterwerfung der Merw-
Telinzen kommt nicht so gany unerwartet, denn bereits nach der Einnahme von
Göt-Tepe im Jahre 1§81 schickten die Merw'schen Telinzen Deputierte nach
Askabad, um mit den russischen Behörden iu unterhandeln. Man nahm die
Leute bftich auf und lud sie später nach Moskaun zur Krönung ein. Dort
wurden sie ausgezeichnet, sie erschienen mit den Chiwinzen und Bucharen bei
allen Hoffesten, bewunderten die Pracht und die Macht des „großen Weißen
Zaren“, welche ihnen so imponierte, daß bald nach ihrer Rücklehr die „Grau-
därle" des Volkes den Beschluß faßlen, sich dem Kaiser zu unterwersen und
ihn zu bitten. Ordnung und Ruhe in ihrem Lande einzuführen. Die inneren
Fehden, welche die Bevöllerung auf kaum 4100,000 Menschen redugiert haben,
werden nun aufhören, ebenso die für ritterlich gehaltenen Naubzüge nach
Persien; mit russischer Hilse soll unn die Steppe berieselt und befruchtet werden.
Durch den Erwerb von Merw grenzt nnumehr Nußland auf der gangen
Strecke zwischen Bochara und Sarachs an Asghanistan, ist also Herat, das
als Schlüssel Indiens angesehen wird, in der That nahe gerückt. Es sind
nunmehr die Machtsphären der beiden großen Mächte Zusammengetroffen.
Daß das Ereignis in der diplomatischen Welt großes Aufsehen und teilweise
auch Benuruhigung hervorrufl, ist selbstverständlich. Rußland wird sich da-
durch nicht stören lassen und ruhig seinen Weg gehen. In diesem Falle tritt
die Machtfrage hinter die Interesseufrage zurück, und nachdem Rußland ein-
mal zu einer miltelasialischen Macht geworden, muß es seine Stellung auch