Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

466 Anhang. 
Aundesrats präjudiziert und promissorische Erklärungen ohne Unterlage eines 
Bundesratsbeschlusses weder von Kommissarien noch von Reichsbeamten, ein- 
schließlich des Reichskanglers, abgegeben werden. Die verbündeten Regierun- 
gen werden sich ihre. definitiven Beschlüsse in der Regel für das Stadium 
der Verhandlungen im Plenum des Reichstags vorzubehalten und sie in 
Veranlassung von Beschlüssen des Neichstags, nicht aber schon auf Grund 
von Kommissionsbeschlüssen oder von Anfragen einzelner Kommissionsmit- 
Klieder zu fassen haben. Ich kann dber! Ew. Hochwohlgeboren nur empfehlen, 
Fragen, deren Beantwortung in dies Kategorie der Rechtsansichten, Inter- 
pretationen oder promissorischen Erklärungen fällt, als außerhalb Ihrer 
Kompeten) liegend anzusehen und Sich gegenwärtig zu halten, daß auch der 
Reichskanzler nicht berechtigt ist, Sie zur Beantwortung solcher Fragen 
amtlich zu ermächtigen oder zu instruieren, da Sie in der Kommission nicht 
den Neichslanzler, sondern den Bundesrat und seine Vorlagen vertreten. 
Ein Teil der in der Aulage gestellten Fragen läßt sich ohne Präjudig für 
lünftige Entschließungen des Bundesrats aus den bereits vorhandenen Akten 
beautworten. Dahin gehören die Fragen 4, 5 und 6 des Hru. Abgeordneten 
Richter und die des Hrn. Frhru. v. Gagern. Ew. Hochwohlgeboren wollen 
zu diesem Behuf die uns vorliegenden Verträge der deutschen Firmen, die 
vorhandenen englischen. „Urlunden über Nord-Vorneo, die verfügbaren statisti- 
schen Data über die Anzahl der Deutschen und die Aktenstücke, vermöge 
deren Sr. Maj. dem Kaiser Hoheitsrechte übertragen oder angeboten wurden, 
den Herren Autragstellern durch Mitteilung, an die Kommission zugänglich 
machen. Die Fragen Nr. 1, 2, 3 und 7 des Hrn. Abgeordneten Nichter 
und die Anfragen des Hrn. Abgeordneten v. Strombeck betreffen Gegen- 
stände und Ansichten, über welche der Bundesrat bisher keine Beschlüsse ge- 
saßt hat und in Betreff deren ich, soweit ich mir überhaupt eine feststehende 
Meinung schon gebildet habe, zu deren Kundgebung im jetzigen Stadium 
nicht berufen bin. Ich glaube auch nicht, daß der Bundesrat gegenwärtig 
schon in der Lage sein wird, zu den in diesen Fragen angeregten Punkten 
Stellung zu nehmen; wenigsteus würde ich als Vertreler Sr. Maj. des 
Kaisers und Rönigs von Preußen und geschäftsleitender Vorsitzender och 
nicht im slande sein, „bezüglich der wichtigsten der angeregten Fragen be- 
stimmte Anträge bei Sr. Maj. dem Kaiser behnss Vorlage an den Bundes- 
rat zu befürworken. Unter Bezugnahme auf den Schluß meiner Erklärung 
vom 6. Februar wiederhole ich den Ausdruck meiner Üüberzeugung, daß die 
laiserliche Regierung und der Bundesrat wohl thun werden, ihre Ent- 
schließungen nicht festzulegen, bevor sie dieselben nicht an der Hand der Er- 
fahrung geprüft haben. Dies wird nicht der Fall sein können, solange uns 
nicht ausreichende Berichte und Anträge amtlicher Organe auf Grund von 
Beobachtung und Erfahrung an Ort und Stelle vorliegen. Zu diesem Behuf 
wird die Einfehung solcher Organe den weiteren Entschliehungen über die 
rechtliche Gestaltung der Verhältnisse vorhergehen müssen. Die Erwägungen 
in lehterer Beziehung würden, wenn es dem Bundesrat nicht gelänge, die 
Zustimmung des Reichstags in seiner Vorlage zu erlangen, nur einen aka- 
demischen Charalter haben, da in diesem Fall die beabsichligte #rganisation 
kolonialer Behörden überhaupt nicht an führbar sein und die kaiserliche Re- 
gierung gezwungen sein würde, bis auf weiteres auf dieselbe zu verzichten. 
(geg.) v. Bismarck. Sr. Hochwohlgeboren dem taiserlichen Geheimen Lega- 
tionsrat Hrn. Hellwig.“
	        
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